Klage gegen Höhe des Bürgergeld Regelsatzes nicht erfolgsversprechend – Landessozialgericht NRW!

Das Landessozialgericht NRW sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bürgergeld Regelsatz vom letzten Jahr verfassungswidrig ist. Wir beleuchten die Entscheidungsgründe in unserem Artikel.

Landessozialgericht: Bürgergeld Regelsatz in der Höhe nicht zu beanstanden

Ein Bürgergeld Bezieher hatte vor Gericht auf Erhöhung des Regelsatzes für sich als Alleinstehenden geklagt. Er begehrte einen Regelbedarf in Höhe von mindestens 725,00 Euro monatlich zzgl. Stromkosten oder jedenfalls eine nachvollziehbare, transparente und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechende Neubemessung des Regelsatzes vorzunehmen.

Das Sozialgericht hatte die Klage bzw. den Antrag auf PKH abgewiesen, nunmehr entschied das Landessozialgericht NRW. Wir fassen die Entscheidung hinsichtlich des Bürgergeld Regelsatzes in unserem Artikel für Sie zusammen!

Landessozialgericht: Bürgergeld Regelsatz ist verfassungsgemäß

Bürgergeld Regelsatz verfassungskonform?
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Landessozialgericht NRW hat entschieden: Keine Anhaltspunkte dafür, das Bürgergeld Regelsatz zu niedrig oder rechtswiderig ist!

Das Landessozialgericht (LSG) NRW geht in seiner Entscheidung davon aus, dass der Regelsatz der gesetzlichen Regelung entspricht und wegen der Bindung der Verwaltung und der Gerichte an Gesetz und Recht könne weder das Jobcenter noch das Gericht  einen höheren Regelbedarf bestimmen kann.

Wie wird der Bürgergeld Regelsatz berechnet?

Das LSG führte aus, dass das Jobcenter den maßgeblichen Regelsatz nach § 20 Abs. 1a SGB II i.V.m. dem Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe (RBEG) i.V.m. § 28a und 40 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) i.V.m. der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung ordnungsgemäß berücksichtigt habe.

Einzelheiten der Methode der Bürgergeld Regelsatz Berechnung können Sie hier nachlesen: Wie wird der Bürgergeld Regelsatz berechnet?

Kein Anlass für Prüfung der Regelsatz-Höhe durch das Bundesverfassungsgericht

Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht sei wenig erfolgversprechend,  denn der Gesetzgeber habebei der Ausgestaltung der Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums ein Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung der Höhe und der Art der Leistungen. Es sei der Gesetzgeber, der den Leistungsanspruch in Tatbestand und Rechtsfolge zu konkretisieren habe.

Regelsatz nicht evident unzureichend

Gerichte können den Regelsatz nur dahingehend kontrollieren, so das LSG, ob die Leistungen evident unzureichend sind. Diese Kontrolle beziehe sich im Wege einer Gesamtschau auf die Höhe der Leistungen insgesamt und nicht auf einzelne Berechnungselemente, die dazu dienen, diese Höhe der Sozialleistung (gegenwärtig Bürgergeld) zu bestimmen.

Evident unzureichend seien Sozialleistungen nur, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist.

Zusätzlich könne nur überprüft werden, , ob die Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen.

Regelsatzerhöhung 2023 war nicht evident unzureichend

Die Regelsätze 2023 seien, so das Gericht, nicht evident unzureichend. Sie beruhten zudem auf einem schlüssigen Berechnungsverfahren. Zur Gewährleistung des Existenzminimums seien sie als ausreichend anzusehen. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Inflationsrate und des damit einhergehenden Kaufkraftverlustes.  Der Gesetzgeber habe gerade vor dem Hintergrund der andauernden Inflation bei der Einführung des Bürgergeldes und der damit verbundenen Erhöhung der Regelleistungen einen neuen Anpassungsmechanismus eingeführt, der die Lohn- und Preisentwicklung zeitnäher widerspiegelt als die zuvor geltenden Anpassungsregelungen. Es gelte ein zweistufiges Fortschreibungsverfahren, mit dem neben der bisherigen Fortschreibung, die zum 01.01.2023 nur zu einer Erhöhung von 4,45 % geführt hätte, eine „ergänzende Fortschreibung“ auf der Grundlage der regelbedarfsrelevanten Preisentwicklung im Vergleichszeitraum, dem jeweils 2.Quartal des Kalenderjahres, erfolge. Diese ergänzende Fortschreibung habe zum 01.01.2023 eine weitere Erhöhung um 6,9 %, also insgesamt eine Erhöhung der Regelsätze um knapp 11,8 %, zur Folge gehabt. Mit dem neuen Berechnungsmodell des Regelsatzes solle vermieden werden, dass es zu einer offensichtlichen und erheblichen Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Entwicklung der Preise von regelbedarfsrelevanten Gütern und Dienstleistungen im Vergleich zu der bei der Fortschreibung der Regelbedarfe längerfristig zu berücksichtigenden Entwicklungen komme.

Paritätischer Wohlfahrtsverband berechnet Höhe des Regelsatzes unterschiedlich

Die Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes  gehen von einem deutlich höheren Existenzminimum ausgehen, als es die Werte der Bundesregierung mit dem aktuellen Bürgergeld Regelsatz tatsächlich tun. Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte einen Regelsatz von 725 Euro plus Stromkosten. Das Gericht erklärt, dass der Grund der abweichenden Berechung darin läge, dass der Paritätische Wohlfahrtsverband in seiner Berechnung Positionen, etwa für alkoholische Getränke und Tabakwaren sowie für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen, berücksichtigt habe, die der Gesetzgeber nicht als Teil des Existenzminimums ansieht.

Das Statistikmodell des Gesetzgebers, in dem er einzelner Positionen, also etwa alkoholischer Getränke herausgenommen habe, sei nicht zu beanstanden. Das habe auch das Bundessozialgericht festgestellt. Grund: Allein das Verbrauchsverhalten der Referenzgruppe bilde nicht den absoluten Maßstab für das Existenzminimum. Der Gesetzgeber  müsse solche Bestandteile des Konsumverhaltens als erforderlich ansehen, die sogar bei einem großen Teil der Bezieher höherer Einkommen als verzichtbar angesehen werden. Der Gesetzgeber haben insoweit einen Gestaltungsspielraum. Er könne den notwendigen Bedarf selbst einschätzen. Er müsse nur die Herausnahme einzelner Positionen nachvollziehbar begründen. Das sei der vorliegend der Fall.

Politik und nicht Gerichte müssen Existenzminimum festlegen.

In der Entscheidung des Landessozialgerichts wird weiter darauf hingewiesen, dass es nicht Aufgabe der Gerichte sei zu entscheiden, wie hoch ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums sein müsse. Sie könnten auch nicht entscheiden, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung zur Erfüllung seiner Aufgaben gewählt habe.

Das Existenzminimum optimal zu bestimmen sei Aufgabe der Politik.

Zusammenfassung zur Verfassungsmäßigkeit des Bürgergeld Regelsatzes

  • Das Wichtigste der Entscheidung des Landessozialgerichts kurz zusammengefasst:
  • Die 2023 erfolgte Regelbedarfserhöhung der Regelbedarfsstufe 1 zur Gewährleistung des Existenzminimums mit Einführung des Bürgergeldes ist nicht evident unzureichend.
  • Das Berechnungsverfahren für die Bestimmung der Höhe des Bürgergeld Regelsatzes ist schlüssig und ist zur Gewährleistung des Existenzminimums als ausreichend anzusehen.
  • Auch wenn man die Inflationsrate und des damit einhergehenden Kaufkraftverlustes berücksichtigt, führt diese seinerzeitige Bürgergeld Erhöhung nicht zu evident unzureichenden Bürgergeld Leistungen, weil der Gesetzgeber mit dieser Regelsatzerhöhung auf die Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Positionen eingegangen ist und den Bürgergeld Regelsatz um insgesamt 11,75 % angehoben hat.

Die abweichende Berechnung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes ist darin begründet, dass er mehr Position bei der Berechnung des Existenzminimums berücksichtigt, als der Gesetzgeber. Der Gesetzgeber hat aber Gestaltungsspielraum und kann die einzelnen Position des Existenzminimums selbst festlegen.

Quelle

Landessozialgericht NRW auf sozialgerichtsbarkeit.de