Bürgergeld: Pfändung und Pfändungsschutz

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Ist das Bürgergeld pfändbar?

Kann das Bürgergeld gepfändet werden? Kurz zusammengefasst lässt sich sagen: Das Bürgergeld ist eine Leistung zur Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts und damit nicht pfändbar. Es wäre widersprüchlich, wenn der Staat auf der einen Seite durch eine Sozialleistung das Existenzminimum sichern und gleichzeitig die Wegnahme dieses Existenzminimums durch Gläubiger erlauben würde.

Der rechtliche Weg zu dieser einfachen Antwort auf die Frage nach der Pfändbarkeit des Bürgergeldes ist hingegen etwas länger. Wir stellen nachfolgend die Einzelheiten dar zum Thema „Bürgergeld pfändbar?“


Welche Einnahmen bzw. Forderungen sind grundsätzlich pfändbar?

§ 54 SGB I bestimmt, welche Sozialleistungen pfändbar sind. So werden beispielsweise das Mutterschaftsgeld, Wohngeld oder das Elterngeld von der Pfändbarkeit ausgenommen. Das Bürgergeld wird dort nicht erwähnt. § 54 Abs. 4 SGB I sagt vielmehr, dass – von den genannten Ausnahmen abgesehen – Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden können. Folglich ist vom Grundsatz her das Bürgergeld wie Arbeitseinkommen pfändbar. Das Bürgergeld ist somit pfändbares Einkommen i. S. d. SGB. Allerdings gelten wie beim Arbeitseinkommen die allgemeinen Pfändungsgrenzen bzw. Pfändungsfreigrenzen der $$ 850 ff ZPO. Für eine nicht unterhaltsverpflichtete Person liegt die Pfändungsfreigrenze gegenwärtig bei 1.330,16 Euro.

Zur Frage der grundsätzlichen Pfändbarkeit der SGB II Leistung und der Geltung der Pfändungsfreigrenzen gibt es auch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, BGH, des höchsten deutschen Zivilgerichts. Diese BGH-Entscheidung datiert bereits aus dem Jahr 2012.  Im entschiedenen Fall hatte ein Gläubiger das seinerzeitige Arbeitslosengeld II (jetzt Bürgergeld) bei der Arbeitsagentur gepfändet. Der BGH urteilte, dass das Interesse des Gläubigers an der Pfändung vermeintlicher Ansprüche auf Sozialleistungen auch dann schützenswert sei, wenn die Pfändung erfahrungsgemäß an den Pfändungsfreigrenzen scheitere und nur überflüssigen Verwaltungsaufwand und Gebühren verursache. Das Gesetz lasse dies zu.

Es kämen dann bei der – zulässigen – Pfändung die gleichen Schutzvorschriften wie beim Arbeitseinkommen zum Zuge.

Fazit der BGH-Entscheidung: Das Bürgergeld ist nur dem Grunde nach pfändbar und unterliegt dem Schutz der Pfändungsfreigrenzen der ZPO. Im Ergebnis ist das Bürgergeld somit nicht pfändbar.

Pfändungsfreigrenzen verhindern Pfändung von Bürgergeld

§ 850c ZPO bestimmt die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen, die auch auf das Bürgergeld anwendbar sind. Danach liegt Unpfändbarkeit des Bürgergeldes vor, wenn es den einem alleinstehenden Schuldner persönlich zustehenden Freibetrag von monatlich 1.330,16 Euro nicht übersteigt.

Unterhaltsleistung erhöht die Pfändungsfreigrenze

Wenn ein Schuldner einer anderen Person Unterhalt leistet, z. B. seinem Ehepartner oder seinem Kind, so erhöht sich der Pfändungsfreibetrag hinsichtlich seines Einkommens.

Die Pfändungsfreigrenze erhöht sich pro Person, an die Unterhalt geleistet wird, wie folgt:

  • um 500,62 Euro für die erste Person
  • um jeweils 278,90 Euro für jeder weitere Person.

Es werden jedoch höchstens fünf Unterhalt empfangende Personen berücksichtigt.

Einem Schuldner steht somit maximal ein Pfändungsfreibetrag von 2949,99 € zu, wenn er fünf Personen oder mehr Unterhalt leistet.

Die Pfändungsfreigrenzen übersteigen die Leistungen des Bürgergeldes. Das gilt auch dann, wenn ein Schuldner eine Nachzahlung von Bürgergeld für mehrere Monate erhält und diese Nachzahlung in der Summe über den Pfändungsfreigrenzen liegt. Denn in diesem Fall muss bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrages die Nachzahlung den einzelnen Monaten des Leistungszeitraums zugeordnet werden, sie muss also durch die Anzahl der Monate, für die sie erfolgt, geteilt werden. Beispiel: Beträgt die Nachzahlung für 4 Monate 2000 Euro, so müssen diese 2000 Euro auf die 4 Monate verteilt werden, so dass sich im Ergebnis eine monatliche Zahlung von 500 Euro ergibt. Die Pfändungsfreigrenze wird also keinesfalls überschritten.

Auch hierzu gibt es eine Entscheidung des BGH, (Beschluss vom 24. Januar 2018 – VII ZB 21/17) des höchsten deutschen Zivilgerichts, die wir wie folgt zitieren: „Werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für zurückliegende Zeiträume nachgezahlt, sind bei der Bemessung des pfändungsfreien Betrages gemäß § 850k Abs. 4 ZPO die nachgezahlten Beträge den Leistungszeiträumen zuzurechnen, für die sie gezahlt werden“

Die Pfändungsfreigrenzen bestehen unabhängig davon, auf welchem Grund der Vollstreckungstitel des Gläubigers beruht. Selbst dann, wenn der Schuldner den Gläubiger vorsätzlich geschädigt hat, ihn beispielsweise betrogen hat, gilt nichts anderes. Dem Schuldner verbleibt immer sein durch die Pfändungsfreigrenzen geschütztes Existenzminimum, also das Bürgergeld.


Pfändungsschutzkonto notwendig

Die obigen Ausführungen zu den Pfändungsfreigrenzen gelten nur insoweit, als die Forderung des Schuldners an das Amt gepfändet wird. Die Pfändungsfreigrenzen bewirken, dass die Pfändung nicht greift und dem Schuldner das Bürgergeld ausgezahlt wird.

In der Regel erfolgt die Auszahlung des Bürgergeldes durch eine Überweisung des Jobcenters auf das Girokonto des Berechtigten.

Ist das Bürgergeld dort gebucht, so greift der Schutz durch die Pfändungsfreigrenzen nicht. Das Geld auf dem Girokonto kann gepfändet werden. Ausnahme: das Girokonto wird als sogenanntes Pfändungsschutzkonto geführt. Die Umwandlung des Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto ist jedem Bezieher von Bürgergeld dringend zu empfehlen, wenn eine Vollstreckung aus einem Schuldtitel droht.

Die alte Regelung des § 55 SGB I, wonach auf ein Girokonto überwiesene Sozialleistungen dem Schuldner innerhalb von 14 Tagen bedingungslos auszuzahlen waren, ist schon seit längerem gestrichen worden.

Einen Schutz vor einer Pfändung kann ein Bezieher von Bürgergeld als Schuldner nur bewirken, wenn er ein Pfändungsschutzkonto einrichtet.

Zur Umwandlung eines Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto ist die Bank oder Sparkasse innerhalb einer Frist von vier Geschäftstagen verpflichtet, wenn eine Pfändung eingeht und der Kontoinhaber dies beantragt.

Fazit zum Thema “Bürgergeld pfändbar?”

Die Pfändungsfreigrenzen des § 850 c ZPO sowie ein Pfändungsschutzkonto verhindern, dass das Bürgergeld gepfändet werden kann.

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