Bürgergeld Urteil: Erstattungsanspruch Miete geht auf Jobcenter über

Es ging um 11.000 Euro Miet-Rückerstattung, die der Mieter vom Vermieter verlangte. Diese stehen jedoch dem Jobcenter zu, weil der Mieter Bürgergeld bezog und das Amt die Miete zahlte. So ein aktuelles BGH-Urteil. Lesen Sie die Hintergründe!

Gesetzlicher Forderungsübergang: Jobcenter steht Mieterstattungsanspruch zu

Mit Urteil vom 5. Juni 2024  unter dem Az. VIII ZR 150/23 hat das höchste deutsche Zivilgericht, der Bundesgerichtshof, entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Rückerstattung überzahlter Miete des Mieters auf das Jobcenter übergeht, wenn der Mieter Bürgergeld (zuvor Arbeitslosengeld II) bezogen hat und das Jobcenter auch für die Mietzahlung zuständig war.

Lesen Sie die interessanten Einzelheiten nachfolgend in unserem Artikel.  Es geht um 11.000 Euro!

Bürgergeld Bezieher hat zu viel Miete gezahlt

Jobcenter hat Mietanspruch aufgrund gesetzlichem Forderungsübergang
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Dem Jobcenter steht ein Erstattungsanspruch des Bürgergeld Mieters gegen den Vermieter kraft gesetzlichem Forderungsübergang zu.

Dem Urteil des BGB lag folgender Sachverhalt zugrunde. Der klagende Bürgergeld Bezieher (seinerzeit: ALG II Bezieher) wohnte in einer Wohnung des beklagten Vermieters. Das Jobcenter hatte die Miete gezahlt.

Der Kläger machte vor Gericht geltend, dass die Miete sittenwidrig zu hoch gewesen sei. Außerdem sei sie wegen eines Wasserschadens in vollem Umfang gemindert gewesen.

Der Kläger und Bürgergeld Bezieher hat deshalb die Rückerstattung bzw. Rückzahlung der Miete verlangt, insgesamt ungefähr 11.000 Euro. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, weil die Miete doppelt so hoch wie die ortsübliche Vergleichsmiete war und der Vermieter bei den Vertragsverhandlungen die Unterlegenheit des Klägers ausgenutzt habe. Außerdem sei die Miete aufgrund eines Wasserschadens in der Wohnung für diese Zeit vollständig gemindert gewesen.

Der Vermieter legte Berufung ein. Während dieser Zeit hatte der klagende Bürgergeld Bezieher das Jobcenter um die Rückübertragung übergegangener Ansprüche gebeten. Das Jobcenter hatte abgelehnt.

Aus diesem Grund wurde der Berufung stattgegeben. Die Begründung des Landgerichts lautete: Der Kläger, also der Bürgergeld Bezieher, sei nicht Inhaber des Rückzahlungsanspruchs. Die von ihm erhobenen Ansprüche auf Rückerstattung überzahlter Miete seien gemäß § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch II (SGB II) auf den Sozialleistungsträger, also das Jobcenter, übergegangen. 

Gegen die Entscheidung des Landgerichts hat der Bürgergeld Bezieher Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.

Bundesgerichtshof: Anspruch auf Rückerstattung von Miete geht auf Jobcenter über

Der BGH wies die Revision zurück. Er urteilte, dass Ansprüche auf Rückerstattung überzahlter Miete gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II auf das Jobcenter übergehen, und zwar bis maximal in der vom Jobcenter gezahlten Miete.

Gesetzlicher Forderungsübergang geschieht automatisch

Der gesetzliche Forderungsübergang ist in  § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II geregelt. Es ist Ausdruck des Prinzips des Nachrangs der Bürgergeld Leistungen.

Voraussetzungen des Bürgergeld Forderungsübergangs

  • Anspruch gegen einen Anderen: das ist der  Bereicherungsanspruch eines Mieters auf Rückerstattung überzahlter Miete gegen seinen Vermieter unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB

Anspruch ist für die Zeit entstanden, in der das Jobcenter Bürgergeld gewährt hat

  • Bei rechtzeitiger Rückerstattung der überzahlten Miete durch die Vermieterwäre  das Bürgergeld nicht erbracht worden. Hatte die der Vermieter die  überzahlten Summen rechtzeitig zurückerstattet, so hätte der Bürgergeld Bezieher sich diese Beträge zur Deckung seines Bedarfs anrechnen lassen müssen.

Jobcenter muss übergegangene Ansprüche nicht selbst realisieren oder an den Kläger zur gerichtlichen Geltendmachung zurückübertragen

Dem gesetzlichen Anspruchsübergang steht nicht entgegen, dass das Jobcenter die Bereicherungsansprüche gegen die Vermieterin weder selbst realisiert noch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Ansprüche zur gerichtlichen Geltendmachung auf den Kläger zurückzuübertragen, wie es durch § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB II möglich wäre.

Denn hierbei handelt es sich nicht um Voraussetzungen für den gesetzlichen Anspruchsübergang.

Rechtsvorschriften Bürgergeld Forderungsübergang auf Jobcenter

§ 812 BGB Herausgabeanspruch

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.

§ 33 SGB II Übergang von Ansprüchen

(1) Haben Personen, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen Anderen, der nicht Leistungsträger ist, geht der Anspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistungen nach diesem Buch über, wenn bei rechtzeitiger Leistung des Anderen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären. […]

(4) Die Träger der Leistungen nach diesem Buch können den auf sie übergegangenen Anspruch im Einvernehmen mit der Empfängerin oder dem Empfänger der Leistungen auf diese oder diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Anspruch abtreten lassen.

Quelle

BGH Urteil 5. Juni 2024 – VIII ZR 150/23