Schwerbehinderung: Befreiung von den Kontoführungsgebühren

Eine Schwerbehinderung bedeutet in Deutschland nicht zwangsläufig, dass die Kontogebühren entfallen. Was dabei genau zu beachten ist, erfahren Sie hier.

Kontoführungsgebühren für Schwerbehinderte: Möglichkeiten zur Befreiung
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Für Menschen mit Schwerbehinderung können Kontoführungsgebühren eine zusätzliche finanzielle Belastung darstellen. Obwohl es in Deutschland keine gesetzliche Regelung gibt, die Schwerbehinderte automatisch von diesen Gebühren befreit, existieren dennoch einige Möglichkeiten, um die Kosten zu reduzieren oder ganz zu vermeiden.

Fast 8 Millionen Menschen mit Schwerbehinderung

Zum Ende des Jahres 2023 zählte das Statistische Bundesamt in Deutschland 7,9 Millionen Personen, die eine Schwerbehinderung aufweisen – das bedeutet, dass ihr Grad der Behinderung mindestens 50 Prozent beträgt. In dieser Situation haben Sie die Möglichkeit, selbst ein Konto zu eröffnen, oder Ihr gesetzlicher Betreuer kann dies für Sie übernehmen. Was Sie darüber wissen sollten.


Girokonto für Menschen mit Behinderung seit 2020

IIm Jahr 2019 rückte das Bankkonto für Menschen mit Behinderung in den Mittelpunkt. Durch das Bundesteilhabegesetz haben sich wesentliche Veränderungen ergeben – insbesondere für schwerbehinderte Personen, die in Wohnheimen leben. Seither ist es erforderlich, ein individuelles Girokonto zu eröffnen. Ab dem 1. Januar 2020 erfolgen die Zahlungen nicht mehr direkt an die Einrichtungen, sondern werden an die Bewohner ausgezahlt.

Im täglichen Leben bringt diese Regelung zahlreiche Vorteile für Sie mit sich. Sie haben dadurch Zugang zu Guthaben, ohne auf Betreuer oder Treuhandkonten angewiesen zu sein. Allerdings: Ein Girokonto bringt auch Verpflichtungen mit sich. Eine davon ist die Zahlung der Kontoführungsgebühr. Der Gesetzgeber hat keine verbindliche Regelung geschaffen, die besagt, dass Sie oder Angehörige mit einer Schwerbehinderung von dieser Pflicht befreit sind.

Steuervergünstigungen, wie Reduzierungen bei der Kfz-Steuer oder ermäßigte Tarife im öffentlichen Nahverkehr, sind davon selbstverständlich nicht betroffen. Auch Unterstützungen für die Mobilität sowie bestimmte Sonderregelungen im Arbeitsrecht stehen Ihnen nach wie vor zur Verfügung.

Gesetzliche Situation

In Deutschland führt eine Schwerbehinderung nicht automatisch zum Wegfall der Kontogebühren. Der Gesetzgeber sieht keine verbindliche Regelung vor, nach der Schwerbehinderte oder ihre Angehörigen von Kontoführungsgebühren befreit sind. Es liegt im Ermessen der Banken, wie sie ihre Kontoführung bepreisen.


Spezielle Angebote einiger Banken

Einige Banken bieten spezielle Kontomodelle für Menschen mit Behinderungen an:

Gebührenfreie Konten für Kindergeldberechtigte

Manche Banken, wie beispielsweise die Volksbank BraWo, bieten ein gebührenfreies Kontomodell für erwachsene Menschen mit Behinderung an, die kindergeldbezugsberechtigt sind. Als Nachweis ist in der Regel der Kindergeldbescheid erforderlich.

Kostenlose Online-Girokonten

Viele Banken, insbesondere Direktbanken, bieten kostenlose Online-Girokonten an. Diese können auch für Menschen mit Behinderung eine gute Option sein, sofern sie die technischen Voraussetzungen erfüllen können.

Verhandlungen mit der Bank

Individuelle Vereinbarungen

Es kann sich lohnen, mit der eigenen Bank in Verhandlung zu treten. Fachanwalt Guido Lenné betont, dass es im Ermessen der Bank liegt, dem Kunden entgegenzukommen, wenn kein Mehraufwand erforderlich ist.

Prüfung des tatsächlichen Mehraufwands

Banken begründen höhere Gebühren für Betreuungskonten oft mit zusätzlichen Aufwendungen. Es ist ratsam, den tatsächlichen Mehraufwand zu hinterfragen und gegebenenfalls eine Anpassung der Gebühren zu verhandeln.


Alternative Banken und Kontomodelle

Direktbanken

Direktbanken verzichten häufig auf Gebühren für die Kontoführung. Bei der Wahl einer Direktbank sollten jedoch versteckte Zusatzkosten, wie etwa für Telefonbanking oder beleghafte Buchungen, beachtet werden.

Vergleich verschiedener Angebote

Die Kontoführungsgebühren variieren je nach Bank deutlich. Ein sorgfältiger Vergleich verschiedener Angebote kann sich lohnen, um das günstigste Modell zu finden.

Rechtliche Aspekte

Gleichbehandlungsgesetz

Das Kompetenzzentrum für selbstbestimmtes Leben verweist auf das Gleichbehandlungsgesetz, das Schutz vor Ungleichbehandlung bzw. Diskriminierung wegen Behinderungen bieten soll. In Einzelfällen könnte dies als Argument für eine Gebührenbefreiung herangezogen werden.

Obwohl es keine automatische Befreiung von Kontoführungsgebühren für Schwerbehinderte gibt, existieren verschiedene Möglichkeiten, die Kosten zu reduzieren oder zu vermeiden. Es empfiehlt sich, die individuellen Optionen sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls das Gespräch mit der Bank zu suchen.