Immer wieder findet sich in den Medien und unter Politikern die Behauptung, dass das Bürgergeld zu hoch sei und der Staat Millionen, wenn nicht gar Milliarden Euro einsparen könnte, würde er das Bürgergeld kürzen, auf ein angemessenes Maß.
Was an diese Behauptung dran ist und ob sie überhaupt zutreffend ist, zeigen wir in nachfolgendem Beitrag.
Bürgergeld zu hoch?
Was ist dran an der Behauptung: Das Bürgergeld ist zu hoch! – Wir erklären es im Faktencheck.
“Angesichts der Inflationsentwicklung fällt das Bürgergeld aktuell 14 bis 20 Euro im Monat zu hoch aus.” So äußerste sich Christian Dürr, FDP-Fraktionsvorsitzender im August 2024 gegenüber der Bild-Zeitung.
Wie hoch das Bürgergeld tatsächlich ist
Das Bürgergeld setzt sich zusammen aus dem Regelsatz, also den Ausgaben für das tägliche Leben, den Kosten der Unterkunft (KdU) und etwa Kosten für die Krankenversicherung oder für notwendige Mehrbedarfe.
Der Regelsatz für das Bürgergeld wurde zum 1. 1. 2024 um ca. 12 Prozent angehoben. Die gegenwärtige Inflationsrage liegt jedoch nur bei ca. 2,2 Prozent. Auf den ersten Blick könnte man deshalb meinen, das Bürgergeld sei um ca. 10 Prozent zu hoch.
Allerdings ist zu bedenken: Das Bürgergeld wurde nicht immer im Gleichschritt mit der steigenden Inflation angehoben. Die Anpassungen an die Geldentwertung bzw. Teuerungsrage erfolgten immer erst im Nachhinein. Zwischen den Jahren 2021 und 2023 mussten Bürgergeld Bezieher große Kaufkraftverluste in den Bereichen Lebensmittel und Energie hinnehmen. Die Erhöhung des Regelsatzes im letzten und im laufenden Jahr 2024 haben das nicht ausgeglichen. So sieht es Ökonomin Irene Becker, die eine Studie im Auftrag des Paritätischen Gesamtverbands durchgeführt hat.
Wie viel zahlt der Staat insgesamt an Bürgergeld Bezieher
Die statistischen Zahlen für 2023 zeigen, dass der Staat knapp 43 Milliarden Euro für das Bürgergeld ausgegeben hat. Vergleicht man das mit dem kompletten Haushalt des Bundes, so machen die Ausgaben für Bürgergeld ca. 7 Prozent der Gesamtausgaben aus.
Blickt man über die deutschen Grenzen hinaus, so findet sich Deutschland im Mittelfeld, wenn es um Ausgaben für Sozialleistungen wie das Bürgergeld geht. Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt dürfte gegenwärtig (geschätzt) ca. 27 Prozent ausmachen. Italien oder Frankreich geben mehr, ca. 30 Prozent für Sozialleistungen aus.
Fazit Faktencheck „Bürgergeld ist zu hoch“
Es ist unzutreffend, dass das Bürgergeld im Jahr 2024 zu hoch ist. Der aktuelle Regelsatz gleicht die Kaufkraftverluste der vergangenen Jahre nicht aus. Außerdem gibt Deutschland weniger für das Bürgergeld bzw. Sozialleistungen aus, als seine Nachbarländer Italien oder Frankreich.
Quelle
Paritätischer Wohlfahrtsverband
Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.
Die Diskussion ist aus makroökonomischer Sicht ohnehin faktisch falsch geführt. Das sogenannte “Bürgergeld” wird direkt für den Lebensunterhalt benötigt und fließt somit umgehend zurück in den Wirtschaftskreislauf, landet bei Vermietern, Supermärkten, Handwerkern und so weiter. Außerdem zahlen auch Empfänger von “Bürgergeld” Mehrwertsteuer und allerlei Sondersteuern, die unmittelbar wieder an den Staat zurückfließen. Erst eine detaillierte volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (Mikro und Makro) kann den Nebel lichten. Dabei dürfte herauskommen: ALG II Haushalte bekommen kein Geld — es fließt lediglich durch sie hindurch und landet ganz woanders. Außerdem ist recht intransparent was der Verwaltungsaufwand dieses restriktiven Apparates kostet, nebst Bürogebäuden mit Hochsicherheitsausstattung. Man kann sich fragen weshalb das wohl nötig ist…