Bürgergeld und Kindesunterhalt: Das müssen Eltern jetzt wissen

Kindesunterhalt wird auf den Bürgergeld-Anspruch des Kindes angerechnet. Möglicherweise erfolgt aber auch eine Kürzung des Bürgergeldes beim alleinerziehenden Elternteil. Wir erklären in unserem Beitrag, wie die Anrechnung von Unterhalt auf das Bürgergeld funktioniert.

Bürgergeld und Anrechnung von Unterhalt für Kind
Foto des Autors

von

geprüft von

Die Anrechnung von Unterhalt auf das Bürgergeld und umgekehrt ist ein komplexes Thema, das sowohl für Unterhaltspflichtige als auch für Leistungsempfänger von großer finanzieller Bedeutung ist.

Unterhalt wird grundsätzlich auf das Bürgergeld angerechnet, denn beide Leistungen verfolgen denselben Zweck, die Sicherung des Lebensunterhalts. Dies gilt sowohl für Kindesunterhalt als auch für Ehegattenunterhalt. Die Anrechnung erfolgt in unterschiedlicher Höhe, je nach Art des Unterhalts und der Bedarfsgemeinschaft des Leistungsempfängers. Unterhalt ist gegenüber einem Anspruch auf Bürgergeld vorrangig.

In nachfolgendem Artikel erklären wir die Zusammenhänge zwischen Anspruch auf Bürgergeld und Unterhaltsanspruch und Unterhaltszahlung.

Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder und Bürgergeld

Wie wird Unterhalt auf das Bürgergeld angerechnet?

Wie wird Kindesunterhalt auf das Bürgergeld angerechnet? Wir erklären das hier.

Minderjährige Kinder haben gegenüber dem Elternteil (Vater oder Mutter), der sie nicht betreut,  einen Anspruch auf Unterhalt . Der betreuende Elternteil erfüllt seine Unterhaltspflicht durch die Betreuung, der andere, nicht betreuende Elternteil muss eine Unterhalt durch Zahlung Geld erfüllen, wenn er finanziell leistungsfähig ist.

In vielen Fällen lebt das Kind mit der Mutter zusammen und bildet mit ihr – bei Bürgergeld-Bezug – eine Bedarfsgemeinschaft. Der Vater muss Barunterhalt zahlen. Soweit er seiner Unterhaltsverpflichtung nachkommt, wird der Unterhalt voll als Einkommen des Kindes auf dessen Bürgergeld-Bedarf angerechnet.

Unterhaltsanspruch volljähriger Kinder

Volljährige Kinder sind grundsätzlich verpflichtet, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen. Aber auch volljährige Kinder können einen Unterhaltsanspruch gegen die Eltern oder ein Elternteil haben. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn sie noch zur Schule gehen, eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren.

Wie wird Unterhalt auf das Bürgergeld angerechnet?

Gezahlter Unterhalt gilt als Einkommen und wird deshalb von Bürgergeld Leistungen abgezogen.  Gleiches gilt für den Unterhaltsvorschuss und das Kindergeld. Hier gibt es auch keine Einkommensfreibeträge, denn es handelt sich nicht um Erwerbseinkommen.  Lediglich der Versicherungsfreibetrag kann geltend gemacht werden, wenn eine Versicherung für das Kind besteht, s. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Bürgergeld-Verordnung

Einkommen reduziert den Bürgergeld Bedarf

Wenn ein Kind Teil einer Bürgergeld Bedarfsgemeinschaft ist, prüft das Jobcenter, ob und inwieweit der Bedarf des Kindes durch die Zahlung von Unterhalt gedeckt ist.

Der Bedarf des Kindes setzt sich aus folgenden Teilen zusammen:

Wie viel an Bedarf für Kosten der Unterkunft auf das Kind entfallen, wird pro Kopf ausgerechnet. Es werden also die Gesamtkosten, der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft durch die Anzahl der Mitglieder geteilt. Das ist etwa beim Kinderzuschlag anders. Dort gibt es Quoten für den Wohnanteil des Kindes.

Beispiel: Anrechnung von Unterhaltszahlung auf Bürgergeld des Kindes

In unserem Beispiel gehen wir von der Situation einer alleinerziehenden Mutter aus, die mit einem 7 Jahre alten Sohn zusammenlebt und Bürgergeld bezieht. Für Wohnung und Heizung zahlt sie 500 Euro. Sie selbst hat kein Erwerbseinkommen oder sonstiges Einkommen. Sie erhält allerdings  Mehrbedarf für Alleinerziehende gem. § 21 Abs. 3 SGB II als Teil ihres Bürgergeldes.

Der Vater zahlt einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 300 Euro für das Kind.

Bedarf für Mutter und Kind als Bedarfsgemeinschaft      

  • Regelsatz Mutter (2024): 563 Euro
  • Mutter Mehrbedarf Alleinerziehende 12%: 67,56 Euro
  • Regelsatz Kind: 390 Euro
  • Kosten der Unterkunft und Heizung: 500 Euro

Gesamtbedarf Mutter und Kind:  1 .520,56 Euro

Bedarf des Kindes allein    

  • Regelsatz Kind (2024): 390 Euro
  • Kosten der Unterkunft und Heizung (50 %): 250 Euro

Gesamtbedarf des Kindes: 640 Euro

Vom Bedarf des Kindes werden nun zunächst der Unterhalt und dann Kindergeld abgezogen.

  • Bedarf des Kindes: 640 Euro
  • abzüglich Unterhalt: – 300 Euro
  • abzüglich Kindergeld: – 250 Euro

Bürgergeld Anspruch des Kindes: 90 Euro

In diesem Beispiel kann das Kind durch die Unterhaltszahlung seinen Bedarf nicht allein decken. Es besteht ein ergänzender Anspruch auf Bürgergeld für das Kind.

Beispielrechnung: Unterhaltszahlung lässt Bürgergeld Anspruch des Kindes entfallen

In diesem Beispiel gehen wir von denselben Zahlen aus. Allerdings nehmen wir eine höhere Unterhaltszahlung des Vaters an, so dass der Bedarf des Kindes durch die Unterhaltszahlung komplett gedeckt wird.

Bedarf des Kindes:  640 Euro

abzüglich Unterhalt: – 500 Euro

abzüglich Kindergeld: – 250 Euro

Bürgergeld Anspruch des Kindes ist nicht vorhanden, da eine Überbedarfsdeckung von 110 Euro gegeben ist.

Das Einkommen des Kindes ist also mehr als ausreichend, um seinen Bedarf, seinen Lebensunterhalt zu decken. Es besteht kein Anspruch aus Bürgergeld.

Die 110 Euro, die sich aus dem Kindergeld herleiten lassen, werden bei der Mutter sonstiges Einkommen auf ihren Bürgergeld Anspruch angerechnet. Sie kann allerdings 30 Euro hiervon absetzen, indem sie die Versicherungspauschale nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Bürgergeld-Verordnung geltend macht (unabhängig davon, ob eine Versicherung besteht). Folglich werden ihr 80 Euro auf ihren Bürgergeld Anspruch angerechnet.

Unterhalt kann durch Jobcenter eingefordert werden

Während des Bezugs von Bürgergeld ist das Jobcenter gesetzlich verpflichtet, Unterhaltsansprüche zu prüfen und diese gegebenenfalls einzufordern, also geltend zu machen.

Verzicht auf Unterhaltszahlungen

Das Jobcenter ist verpflichtet, Unterhalt auch dann einzufordern, wenn zwischen der unterhaltsberechtigten und der unterhaltsverpflichteten Person ein Unterhaltsverzicht vereinbart wurde. Dieser ist  gegenüber dem Jobcenter nicht wirksam.

Unterhaltsansprüche müssen dem Jobcenter angeben werden

Wird ein Bürgergeld Antrag gestellt, müssen alle möglichen Unterhaltsansprüche angegeben werden. Hierzu gibt es entsprechende Formulare:

    UH1 – Unterhaltsansprüchen gegenüber getrennt Lebenden

    UH2 – Unterhaltsansprüchen bei Schwangerschaft und Betreuung nichtehelicher Kinder

    UH3 – Unterhaltsansprüchen von Kindern untern 25 Jahren

Die Antragsformulare finden Sie hier: Bürgergeld Antrag Formulare

Eigene Unterhaltszahlungen erhöhen Anspruch auf Bürgergeld

Unterhaltszahlungen, die jemand leistet, der selbst Bürgergeld bezieht, können seinen Bürgergeld Anspruch beeinflussen, ihn möglicherweise erhöhen. Das gilt allerdings nur dann, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Unterhaltszahlung besteht.

Die Unterhaltszahlung muss in der Anlage zum Einkommen (EK) angegeben werden.

Zusammenfassung zu Anrechnung von Unterhalt auf Bürgergeld

Das Wichtigste zum Schluss kurz zusammengefasst:

  • Unterhalt, wenn er gezahlt wird, wird auf das Bürgergeld angerechnet. Kindesunterhalt reduziert somit den Bedarf des Kindes.
  • Wird durch die Unterhaltszahlung gemeinsam mit dem Kindergeld der Bedarf des Kindes mehr als gedeckt, so wird die “Überzahlung” auf den Bedarf des alleinerziehenden Elternteils angerechnet. Sein Bürgergeld Anspruch reduziert sich also ebenfalls.

Quellen

Bundesministerium der Justiz

Bunesagentur für Arbeit