Die Debatte um das Bürgergeld und die Frage, ab wann sich Arbeit im Vergleich zum Bezug von Sozialleistungen lohnt, ist in Deutschland ein heißes Thema. Besonders für Familien mit Kindern stellt sich oft die Frage, ob es finanziell sinnvoller ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder Bürgergeld zu beziehen. In diesem Artikel betrachten wir die Situation einer vierköpfigen Familie, in der beide Elternteile arbeiten, und vergleichen sie mit dem Bezug von Bürgergeld im Jahr 2024.
Die Bürgergeld-Regelsätze 2024
Zunächst werfen wir einen Blick auf die Bürgergeld-Regelsätze, die ab 2024 gelten. Für eine vierköpfige Familie, bestehend aus zwei Erwachsenen und zwei Kindern, sehen die monatlichen Leistungen wie folgt aus:
- Erwachsene Partner: je 506 Euro (insgesamt 1.012 Euro)
- Kind (14-17 Jahre): 471 Euro
- Kind (6-13 Jahre): 390 Euro
Die Gesamtsumme der Regelleistungen für diese Familie beträgt somit 1.873 Euro pro Monat. Dies kann man ganz leicht mit unserem Bürgergeld Rechner überprüfen.
Zusätzliche Leistungen beim Bürgergeld
Neben den Regelleistungen erhalten Bürgergeld-Empfänger weitere Unterstützung. Dazu gehören insbesondere die Kosten für Unterkunft und Heizung. Laut einer Beispielrechnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales können diese zusätzlichen Leistungen für eine vierköpfige Familie etwa 743 Euro betragen. Somit würde sich die Gesamtsumme der Leistungen auf etwa 2.616 Euro belaufen.
Arbeitseinkommen einer vierköpfigen Familie
Um einen fairen Vergleich anzustellen, betrachten wir nun eine Familie, in der beide Elternteile arbeiten. Nehmen wir an, dass beide Elternteile in Vollzeit zum Mindestlohn arbeiten, der 2024 bei 12,41 Euro pro Stunde lieget.
Bei einer 40-Stunden-Woche ergibt sich folgendes monatliches Bruttoeinkommen pro Elternteil:
12,41 € x 40 Stunden x 4,33 Wochen ≈ 2.150 €
Das gemeinsame monatliche Bruttoeinkommen der Eltern beträgt somit etwa 4.300 Euro.
Nettoeinkommen und zusätzliche Leistungen
Nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben bleibt der Familie ein Nettoeinkommen von etwa 3.400 Euro. Zusätzlich erhält die Familie Kindergeld in Höhe von 250 Euro pro Kind, also insgesamt 500 Euro. Somit steht der Familie ein monatliches Budget von etwa 3.900 Euro zur Verfügung.
Vergleich: Arbeitseinkommen vs. Bürgergeld
Auf den ersten Blick scheint das Arbeitseinkommen deutlich höher zu sein als die Bürgergeld-Leistungen. Allerdings müssen wir bedenken, dass die arbeitende Familie ihre Wohnkosten selbst tragen muss, während diese beim Bürgergeld übernommen werden.
Nehmen wir an, dass die Familie monatlich 1.000 Euro für Miete und Nebenkosten ausgibt. Nach Abzug dieser Kosten bleiben der arbeitenden Familie etwa 2.900 Euro zur freien Verfügung, während der Bürgergeld-Familie 2.616 Euro zur Verfügung stehen.
Ab wann lohnt sich Arbeiten?
Die Differenz von etwa 284 Euro zeigt, dass sich Arbeiten in diesem Beispiel finanziell lohnt. Allerdings ist der Unterschied relativ gering, wenn man bedenkt, dass beide Elternteile dafür Vollzeit arbeiten müssen.
Der finanzielle Anreiz zur Arbeit steigt mit höherem Einkommen. Wenn beispielsweise ein Elternteil mehr als den Mindestlohn verdient oder wenn Zulagen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld gezahlt werden, vergrößert sich der Abstand zum Bürgergeld.
Weitere Faktoren zu berücksichtigen
Es ist wichtig zu beachten, dass der rein finanzielle Vergleich nicht alle Aspekte abdeckt. Arbeit bietet neben dem Einkommen auch andere Vorteile:
- Soziale Integration und Teilhabe
- Persönliche Entwicklung und Weiterbildungsmöglichkeiten
- Aufbau von Rentenansprüchen
- Vorbildfunktion für die Kinder
Andererseits entstehen durch die Berufstätigkeit auch zusätzliche Kosten, wie etwa für Fahrtkosten oder Kinderbetreuung, die den finanziellen Vorteil weiter schmälern können.
Fazit
Für eine vierköpfige Familie, in der beide Elternteile zum Mindestlohn arbeiten, lohnt sich die Erwerbstätigkeit finanziell, wenn auch nur in geringem Maße. Der Unterschied zum Bürgergeld beträgt in unserem Beispiel etwa 284 Euro pro Monat.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass jeder Fall individuell betrachtet werden muss. Faktoren wie der Wohnort, die Qualifikation der Eltern und mögliche Zusatzleistungen können das Ergebnis erheblich beeinflussen.
Letztendlich geht es bei der Entscheidung für oder gegen eine Erwerbstätigkeit nicht nur um finanzielle Aspekte. Die persönliche Entwicklung, soziale Teilhabe und langfristige Perspektiven sollten ebenfalls berücksichtigt werden. Politische Entscheidungsträger stehen vor der Herausforderung, das System so zu gestalten, dass Arbeit sich in jedem Fall lohnt und gleichzeitig eine angemessene soziale Absicherung gewährleistet ist.
Sabine Martholt hat Recht und Journalismus studiert und fundierte Kenntnisse im Bereich des Sozialrechts und des Rentenrechts. Beide Rechtsgebiete sind gleichzeitig ihr Hobby, wie sie gern verrät. Bereits vor ihrem ersten Volontariat bei einer Zeitung hat sie sich dem Schreiben gewidmet. Die Entwicklung des Sozialrechts in Deutschland hat sie mit großer Aufmerksamkeit, manchmal aber auch mit Kopfschütteln verfolgt – wie sie selbst sagt. Sie schreibt seit vielen Jahren für unser Online-Magazin. Gute Recherche und die eigene Meinung – beides ist ihr wichtig.