Bürgergeld, Sozialhilfe und Wohnkosten: Wichtige Infos für Bezieher
Empfänger von Bürgergeld, Sozialhilfe oder Grundsicherung haben Anspruch auf Übernahme angemessener Wohnkosten. Jobcenter und Sozialämter decken nur angemessene Kosten. Bei Kürzungen ist ein Kostensenkungsverfahren erforderlich. Das Landessozialgericht Bayern hat kürzlich ein wichtiges Urteil dazu gefällt. Erfahren Sie mehr über Ihre Rechte und die aktuellen Regelungen bei der Kostenübernahme für Ihre Unterkunft
Mieter kann Kosten der Wohnung durch Untervermietung senken
Das Bayrische Landessozialgericht hat geurteilt, dass ein Kostensenkungsverfahren nach Zeitablauf wiederholt werden muss. Die Einzelheiten lesen Sie hier!
Dem Urteil des Landessozialgerichts Bayern (AZ: L 8 SO 214/22) lag folgender Fall zugrunde: Das Amt (es ging konkret um Sozialhilfe, nicht um Bürgergeld) hatte ein Kostensenkungsverfahren durchgeführt, der Mieter daraufhin einen Teil der Wohnung untervermietet und so die Kosten der Wohnung für sich deutlich gesenkt. Nach 3 Jahren zog der Untermieter aus und das Amt kürzte seine Zahlungen für die Unterkunft auf das angemessenen Maß, ohne erneut ein Kostensenkungsverfahren durchzuführen.
Urteil des Landessozialgerichts Bayern
Das Landessozialgericht urteilte wie folgt: „Bei einer Änderung der Verhältnisse nach einem längeren Zeitraum (hier: mehrere Jahre), in dem die Unterkunftskosten des Leistungsberechtigten in tatsächlicher Höhe berücksichtigt worden sind, bedarf es einer (nochmaligen) Kostensenkungsaufforderung, um die Unterkunftskosten erneut nur mehr in dem als angemessen erachteten Umfang zu berücksichtigen.“
Mit anderen Worten: ein Kostensenkungsverfahren reicht nicht aus, wenn danach die Kosten permanent gleich und in tatsächlicher Höhe übernommen worden sind.
Anspruch auf tatsächliche, ungekürzte Miete
Das Bayerische Landessozialgericht hat der Klägerin einen Anspruch auf Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zuerkannt, auf der Rechtsgrundlage des § 35 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII.
Der Auszug eines Untermieters sei eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, so das Landessozialgericht.
Weiter: da die Untervermietung eine sehr lange Dauer aufwies, sei eine erneute Kostensenkungsaufforderung, ein neues Kostensenkungsverfahren, durch das Amt erforderlich gewesen. Nur dann hätte es die Unterkunftskosten auf die angemessene Höhe senken dürfen. Der er Sozialhilfeträger muss klipp und klar darauf hinweisen, dass die gegenwärtigen Aufwendungen für die Miete vom Amt als unangemessen angesehen werden.
Das Landessozialgericht urteilte: „Eine solche Aufforderung hat Aufklärungs- und Warnfunktion und soll der leistungsberechtigten Person Klarheit über die aus Sicht der Behörde angemessenen Aufwendungen und die maßgebliche Rechtslage verschaffen und sie damit in die Lage versetzen, ihr Verhalten in Bezug auf die für angemessen erachteten Bedarfe einzustellen.“
Lange zeitliche Distanz seit erstem Kostensenkungsverfahren
Das Landessozialgericht führt in der Urteilsbegründung weiter aus, dass das Amt aufgrund der Untervermietung über fast 3 Jahre die (verbleibenden) Unterkunftskosten des Klägers in voller Höhe als Bedarf berücksichtigt habe. Deshalb habe der Mieter aufgrund des langen Zeitraums nicht mehr wissen können und müssen, dass seine Unterkunftskosten weiterhin als unangemessen hoch betrachtet würden. Während eines mehrjährigen Zeitraums könne sich jederzeit eine Änderung in den Angemessenheitswerten ergeben, etwa eine Anhebung der Mietobergrenzen.
Urteil kann auf Bürgergeld (SGB II) übertragen werden
Das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts kann auf den Bereich des Bürgergeldes übertragen werden, da einschlägigen gesetzlichen Vorschriften gleichlautend sind. Auch dort gilt danach, dass bei einer wesentlicher Änderung der Verhältnisse nach längerer Zeit eine erneute Kostensenkungsaufforderung notwendig ist, damit das Jobcenter die Übernahme der Unterkunftskosten auf das örtlich angemessene Maß senken darf.