Bürgergeld: Antragstellung entscheidend für Auszahlung
Das Bürgergeld wird ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gewährt, rückwirkend zum Monatsersten. Dies gilt für Erst- und Weiterbewilligungsantrag (WBA). Verspätete Anträge führen zum Verlust eines ganzen Monatsbetrags. Ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts befasst sich mit der Frage, ob die Sonntagsregelung bei Fristenden anwendbar ist. Diese Regelung besagt, dass Fristen, die an arbeitsfreien Tagen enden, automatisch bis zum nächsten Werktag verlängert werden. Eine mögliche Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) steht noch aus.
Bewilligungszeitraum läuft ab
Das Bürgergeld wird immer monatsweise bewilligt, meist für ein halbes Jahr. In dem Urteil zugrundeliegenden Fall war das Bürgergeld bis zum 30. Juni 201 bewilligt worden (seinerzeit war es noch Hartz IV). Der Bürgergeld Bezieher war sogar vom Jobcenter erinnert worden, einen Folgeantrag zu stellen. Der Leistungsbezieher stellte seinen Antrag jedoch erst am 1. August, einem Sonntag, und vertritt die Auffassung, das der Antrag aufgrund der Sonntagsregelung rechtzeitig gestellt worden sei, er also auch Anspruch auf Bürgergeld für Juli habe.
Als Grund für die späte Antragstellung führte er gesundheitliche Gründe an. Zudem habe er die Zugangsdaten für den Online-Antrag vergessen. Er beantragte die rückwirkende Weiterbewilligung von Bürgergeld ab dem 1. Juli.
Frist oder lediglich Zeitraum?
Die rechtliche Frage, die sich dem Landessozialgericht Hessen stellte, war, ob es sich bei der Dauer der Bewilligung um einen Zeitraum oder eine Frist handelt. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass, weil der letzte Tag des Bewilligungszeitraums ein Samstag gewesen sei, die Frist für den Antrag auf den nächsten Werktag fallen würde, also auf den 2. August. Das würde sich aus § 26 SGB X ergeben, der auf die gesetzlichen Fristen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verweist.
Das Landessozialgericht vertritt in seinem Urteil eine andere Rechtsauffassung (Az. L 6 AS 305/23). Es verwies auf § 37 Abs. 2 SGB II. Diese Vorschrift besagt eindeutig, das Bürgergeld-Leistungen nicht vor der Antragstellung erbracht werden. Der Antrag, so das Landessozialgericht, wirke auf den ersten Tag des Monats, in dem er gestellt wird, zurück. Im Vorliegenden Fall würde er folglich ab dem 1. August und nicht ab dem 1. Juli gelten. Es gelte das Monatsprinzip. Eine Rückwirkung sei damit nicht vereinbar.
Keine gesetzliche Frist für den Antrag sondern Monatsprinzip
Das Landessozialgericht begründet seine Entscheidung damit, dass es sich beim Ablauf des Bewilligungszeitraums nicht um eine gesetzliche oder behördlich gesetzte Frist handele. Es gehe dabei schlicht und einfach um das Ende der Bewilligung des Bürgergeldes.
Die Fristenregelung des BGB gelte hier nicht, da es sich beim Ablauf des Bewilligungszeitraums gerade nicht um eine Frist handele. § 26 SGB X greife nicht. § 37 Abs.2 S.2 SGB II sei eine abschließende und für das Bürgergeld spezifische und vorgehende Regelung. Mit der Bewilligung von Bürgergeld für einen bestimmten Zeitraum werde durch das Jobcenter keine Frist gesetzt. Zu einer Fristsetzung hätte das Jobcenter auch überhaupt keine Befugnis.
Folge: Bürgergeld Beziehende können sich nicht auf die Sonntagsregelung des BGB berufen, da mit der Bewilligung des Bürgergeldes für einen Bestimmten Zeitraum (Bewilligungszeitraum) keine Fristen vom Jobcenter gesetzt werden.
Revision zum Bundessozialgericht zugelassen
Das Landessozialgericht hat das Rechtsmittel der Revision zum Bundessozialgericht zugelassen. So kann durch das höchste Sozialgericht Deutschlands geklärt werden, ob § 37 SGB II entgegen der Auffassung des Landessozialgerichts nicht doch eine Fristenregelung beinhaltet.
Quellen
- Hessisches Landessozialgericht: Az.: L 6 AS 305/23 vom 13.12.2023
- Sozialgericht Darmstadt, Az.: S 1 AS 731/2 vom 21.07.2023