Die Altersarmut in Deutschland hat in den letzten Jahren besorgniserregende Ausmaße angenommen. Immer mehr Rentnerinnen und Rentner sind von finanziellen Schwierigkeiten betroffen und müssen mit einem Einkommen auskommen, das kaum zum Leben reicht. Dieser Artikel beleuchtet die aktuelle Situation der Altersarmut in Deutschland und zeigt auf, wie viele Menschen davon betroffen sind.
Rekordzahlen bei der Grundsicherung im Alter
Die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen ein alarmierendes Bild: Im Juni 2024 bezogen bundesweit 728.990 Menschen die sogenannte Grundsicherung im Alter. Dies stellt einen neuen Höchststand dar und bedeutet einen Anstieg von etwa 37.000 Personen im Vergleich zum Vorjah Besonders besorgniserregend ist die Entwicklung im Vergleich zu 2015, denn seitdem ist die Zahl der Grundsicherungsempfänger um rund 39 Prozent gestiegen.
Armutsgefährdungsquote bei Senioren
Die Armutsgefährdungsquote bei Senioren in Deutschland lag im Jahr 2023 bei 18,1 Prozent. Dies bedeutet, dass fast jeder fünfte Rentner von Armut bedroht ist. Besonders betroffen sind Frauen, bei denen die Quote mit 20,2 Prozent noch höher liegt. Im Vergleich dazu beträgt die Armutsgefährdungsquote in der Gesamtbevölkerung 14,4 Prozent.
Regionale Unterschiede und besonders betroffene Gruppen
Die Altersarmut ist in Deutschland nicht gleichmäßig verteilt. In Bayern beispielsweise sind 21,4 Prozent aller Menschen ab 65 von Armut gefährdet. Besonders auffällig ist hier der Unterschied zwischen den Geschlechtern: Während 24,5 Prozent der älteren Frauen armutsgefährdet sind, trifft dies nur auf 17,6 Prozent der Männer zu.
Überdurchschnittlich von Altersarmut betroffen sind auch Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose und Menschen mit geringer Bildung. Zudem zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen deutschen und ausländischen Senioren: Während die Quote der Empfänger von Grundsicherung im Alter bei Deutschen bei 2,6 Prozent liegt, beträgt sie bei Ausländern 17,5 Prozent.
Niedrige Renten trotz langer Erwerbstätigkeit
Ein erschreckendes Phänomen ist, dass selbst Menschen mit langen Versicherungszeiten oft nur geringe Renten beziehen. Von denjenigen, die mindestens 40 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben, erhielten 2023 mehr als 33 Prozent eine Rente unter 1.250 Euro. Bei Menschen mit 45 Versicherungsjahren waren es immer noch knapp 25 Prozent.
Dunkelziffer und versteckte Altersarmut
Experten gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl der von Altersarmut betroffenen Menschen noch höher liegt. Viele Senioren scheuen sich aus Scham oder Angst vor Stigmatisierung davor, Grundsicherung oder andere Leistungen in Anspruch zu nehmen. BSW-Parteichefin Sahra Wagenknecht bezeichnet die offiziellen Zahlen als “nächsten Offenbarungseid” für die Ampel-Regierung und vermutet eine deutlich höhere Dunkelziffer der Altersarmut.
Ursachen und Lösungsansätze
Die Gründe für die zunehmende Altersarmut sind vielfältig. Neben demografischen Entwicklungen spielen auch Faktoren wie niedrige Löhne, unterbrochene Erwerbsbiografien und die steigende Lebenserwartung eine Rolle. Um dem Problem entgegenzuwirken, werden verschiedene Lösungsansätze diskutiert.
Die Linke fordert beispielsweise eine “einkommens- und vermögensgeprüfte solidarische Mindestrente von 1.250 Euro”. Andere Vorschläge beinhalten eine Reform der gesetzlichen Rentenversicherung hin zu einer Bürgerversicherung mit Mindestrentenelementen.
Fazit und Ausblick
Die Altersarmut in Deutschland stellt eine wachsende Herausforderung dar, die dringend angegangen werden muss. Mit fast 3,2 Millionen armutsgefährdeten Senioren und steigenden Zahlen bei der Grundsicherung im Alter ist klar, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen. Es bedarf umfassender Reformen in der Renten- und Sozialpolitik, um sicherzustellen, dass ältere Menschen in Würde leben können und nicht in die Armutsfalle geraten.
Die Gesellschaft und die Politik stehen vor der Herausforderung, Lösungen zu finden, die sowohl die aktuell von Altersarmut Betroffenen unterstützen als auch präventiv wirken, um zukünftige Generationen vor diesem Schicksal zu bewahren. Nur so kann gewährleistet werden, dass der Lebensabend für alle Menschen in Deutschland finanziell abgesichert ist.
Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.