Bürgergeld 2025: Faktencheck zu angeblichen Milliardenlücken im Bundeshaushalt

Bundeshaushalt 2025: Bürgergeld-Kontroverse Diskrepanzen bei Bürgergeld-Ausgaben 2025 sorgen für Debatte. Paritätischer Wohlfahrtsverband kritisiert Haushaltsplanung. Bild-Zeitung wirft Täuschung vor. Analyse der Unstimmigkeiten und möglichen Auswirkungen.

gestapelte Würfel mit der Aufschrift FAKE NEWS mit sympolischen Spielfiguren herum
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Die Bürgergeld-Debatte nimmt kein Ende. Am 24.9.24 sorgte die Bild-Zeitung für Aufsehen mit der Behauptung, im Bundeshaushalt 2025 würden 10 Milliarden Euro für das Bürgergeld fehlen. Schlagzeilen wie “Bürgergeld-Beschiss” und “Täuschung” machten die Runde.

Doch wie viel Wahrheit steckt in diesen Vorwürfen? Handelt es sich um Fakten oder Fake News?

Wir beleuchten die Kontroverse und analysieren die Hintergründe dieser brisanten Meldung. Erfahren Sie, was wirklich hinter den Schlagzeilen steckt und wie realistisch die Haushaltsplanung für das Bürgergeld 2025 ist.

Unterkunftskosten Bürgergeld

Hochhaus mit Wohnungen
Bildquelle: Canva

Sind die Kosten für das Bürgergeld im Bundeshaushaltsplan für 2025 mit über 10 Mrd Euro zu niedrig angesetzt worden? So ähnlich behauptet es die Bild-Zeitung. Stimmt die Meldung?

Die Bild-Zeitung spricht von einer Lücke von 6,6 Mrd Euro bei den Bürgergeld Unterkunftskosten. Hierbei übergeht sie jedoch, dass dieser Teil des Bürgergeldes zu einem großen Teil von den Kommunen, also den Gemeinden und Städten, aufgebracht wird. Er muss nicht komplett vom Bund bezahlt werden. Dieser Teil der Meldung ist als in die Kategorie Fake News einzuordnen. Wir gehen weiter unten darauf ein.


Bürgergeld Regelsatz und sonstiges

Bei den anderen Kosten des Bürgergeldes, insbesondere beim Bürgergeld Regelsatz, gibt es tatsächlich einen offenen Posten von 3 Milliarden Euro. Hierauf gehen wir weiter unten ein.

Wie rechnet die Bild-Zeitung bei den Bürgergeld Kosten?

Die Bild-Zeitung führt die Erläuterungen zum Einzelplan 11 des Bundeshaushaltes in der sogenannten Berichterstatter-Mappe an. Jener Einzelplan 11 stellt die geplanten Ausgaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für 2025 dar. In seinem Kapitel 1101 finden sich die geplanten Leistungen nach dem SGB II („Bürgergeld – Gesetz“) und ähnliche Leistungen. Hier geht es um die Ausgaben für das Bürgergeld. Der Plan geht von knapp 3 Millionen Bedarfsgemeinschaften aus. Das sind i.d.R. Familien. Hier werden die Ausgaben wie folgt geplant:

  • 507 Euro für die Kosten der Unterkunft und die Heizkosteten sowie
  • 807 Euro für Regelsatz und Mehrbedarfe.

Diese Summen beziehen sich auf eine einzelne Bedarfsgemeinschaft.


Haushalts Berechnung zu den Bürgergeld Unterkunftskosten 2025

Multipliziert man nun die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften mit den Ausgaben pro Bedarfsgemeinschaft von 1214 Euro, so kommt man für die KDU auf 17,6 Mrd Euro im Jahr 2025. Der Haushaltsplan sieht Ausgaben von 11 Mrd Euro vor.

Das ist die „Riesen-Sauerei“, wenn wir mit den Worten der Bild-Zeitung sprechen.

Doch hier werden tatsächlich von der Bild-Zeitung Tatsachen verdreht dargestellt. Denn: die Unterkunftskosten beim Bürgergeld werden zwischen Bund und Kommunen aufgeteilt. Das ist in der Bundesbeteiligungs-Festlegungsverordnung 2024 (BBFestV2024) geregelt. Gegenwärtig liegt der Entwurf der Verordnung vor (BR-DS 213/24). Dort ist nachzulesen, wie die Kosten genau zwischen Bund und Kommunen aufgeteilt werden. Es wird für jedes Bundesland unterschiedlich gerechnet. Nimmt man den Durchschnitt, so sieht man, dass der Bund 71 Prozent der Unterkunftskosten trägt. Es kommt jedoch noch eine Minus-Rechnung hinzu: die Summe, die zur Refinanzierung des Bildungs- und Teilhabepakets ausgezahlt werden, sind abzuziehen.

Die Rechnung sieht dann wie folgt aus: Im Bundesdurchschnitt beträgt die Beteiligung / Refinanzierung der Ausgaben am Bildungs- und Teilhabepaket für  2023: 1,23 Mrd Euro. Der Anteil an den Gesamtausgaben bei den Kosten der Unterkunft von 16,47 Mrd Euro beträgt 7,4 Prozent.

In der Verordnung wird (ausgehend von  den genannten Werten) der Bundesanteil für 2024 (rückwirkend) und vorausschauend für 2025 auf 71 Prozent festgelegt.

Die 7,4 Prozent der Refinanzierung der Ausgaben für das Bildungs- und Teilhabepakte kommen zum Abzug, denn sie sind nicht  für die Finanzierung der Unterkunftskosten gedacht.

Ergebnis der Rechnung: Die Kommunen müssen von den Bürgergeld-Unterkunftskosten 2025 (inkl. Heizkosten) bundesdurchschnittlich 36,4 Prozent der Gesamtkosten tragen.

Der Bund trägt somit 63,6 Prozent der für 2025 prognostizierten 17,6 Milliarden Euro, also knapp 11,2 Mrd Euro. Dies entspricht dem Wert im Haushaltsplan des Bundes.

Fazit: Fake News, die die Bild-Zeitung verbreitet! Eine Unterschreitung der Bundesausgaben um angeblich über 6 Mrd. Euro für die Unterkunftskosten ist nicht existent!

Berechnung zum Regelsatz und anderen direkten Geldleistungen beim Bürgergeld – keine Fake News

Beim Regelsatz und sonstigen finanziellen Unterstützungsleistungen beim Bürgergeld sieht die Rechnung anders aus. Hier scheint es eine Lücke zwischen Plan und notwendigen Ausgaben zu geben. Schaut man in die Berichterstatter -Mappe, so wird mit Ausgaben für 2025 von ca.25 Mrd Euro gerechnet. Das wären fast 5 Mrd Euro weniger an Ausgaben, die für 2024 im Nachtragshaushalt veranschlagt werden bzw 3 Mrd Euro weniger, die das BMAS an Bürgergeld Ausgaben für 2024 erwartet.

Hier besteht tatsächlich Erklärungsbedarf des Bundesarbeitsministeriums, wie angesichts der wirtschaftlichen und konjunkturellen Situation die Einsparung von 5 Mrd Euro realisiert werden soll.

Anders stellt sich der Sachverhalt mit Blick auf die Leistungen für das Bürgergeld im engeren Sinne, also die finanzielle Unterstützung für die Leistungsberechtigten, dar. Hierzu hat auch der Paritätische schon im Juli deutlich gemacht, dass die geplante Absenkung der Ausgaben von fast 30 Mrd. Euro (aktuelle Planung für 2024 nach dem Nachtragshaushalt) auf 25 Mrd. Euro im Jahr 2025 völlig unrealistisch ist. Notwendig wären gegenüber dem Status quo sogar höhere Ausgaben, um die angekündigte Nullrunde 2025 – das heißt: reale Kaufkraftverluste bei den Ärmsten –  noch zu vermeiden. Nach den Erläuterungen aus der Berichterstatter-Mappe erwartet das BMAS rechnerisch nach den genannten Parametern Ausgaben in Höhe von etwa 28 Mrd. Euro. Das wäre gegenüber den Erwartungen für das laufende Jahr immer noch eine Reduktion von fast zwei Mrd. Euro, bei denen unklar ist, wie sie angesichts der konjunkturellen Lage eigentlich realisiert werden sollen. In dem Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 sind aber lediglich 25 Mrd. Euro veranschlagt. Hier wäre es ein Gebot der Ehrlichkeit den entsprechenden Haushaltsansatz im Laufe der Beratungen im Bundestag anzupassen. Der Deutsche Bundestag kann und sollte hier noch eingreifen: die Nullrunde verhindern und realistische Haushaltsansätze in den Etat schreiben.  


Quellen

Aufgedeckt hat diese Falschinformationen bzw. offensichtlich fehlerhaften Berechnungen der Paritätische Wohlfahrtsverband: hier.

BR-DS 219/24

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