Die von vielen Sozialverbänden, politischen Parteien und auch der Bundesregierung geforderte und geplante Kindergrundsicherung soll der sehr hohen Kinderarmut in Deutschland entgegenwirken.
Sie soll sich aus dem Garantiebetrag, der dem heutigen Kindergeld entspricht, und einem am Einkommen der Eltern orientierten Zusatzbetrag zusammensetzen. Kinder sollen so aus dem Bürgergeld-Bezug herausgenommen werden.
Nun kommt aus den Reihen der Jobcenter eine dramatische Warnung.
Kindergrundsicherung: zu kompliziert und bürokratisch
Eines der Ziele der neuen Kindergrundsicherung ist die Entbürokratisierung der Sozialleistungen für Kinder. Es sollen Bürokratie abgebaut und der Antrag vereinfacht werden.
Dieses Ziel werde jedoch nicht erreicht, wenn die gegenwärtigen Pläne der Bundesregierung, so wie sie sich darstellen, umgesetzt werden. Im Gegenteil, die Kindergrundsicherung würde mehr Bürokratie hervorbringen und vielfältige Zuständigkeiten begründen. Die Personalräte der Jobcenter sprechen in einem Brief an die Familienministerin und den Arbeitsminister von einer „sozialpolitischen und verwaltungsökonomischen Katastrophe“. So ist es einem Bericht des Nachrichtenmagazin SPIEGEL zu entnehmen.
Außerdem würde durch die Kindergrundsicherung kein Beitrag zur Bekämpfung der Kinderarmut geleistet. bei, schreiben die Personalräte. Sie sind das Behördenpendant der Betriebsräte, also die gewählten Vertreter der Beschäftigten.
Zur Erklärung: die Personalräte sind die gewählten Vertreter der Beschäftigten in den Jobcenter. Personalräte entsprechen den Betriebsräten in Unternehmen und Betrieben der Privatwirtschaft.
Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung wird erarbeitet
Das Bundesfamilienministerium ist gegenwärtig dabei, den Gesetzentwurf für die geplante Kindergrundsicherung zu erarbeiten. Die Einführung der Kindergrundsicherung ist für 2025 geplant.
Hauptziel der Kindergrundsicherung ist die Bekämpfung der Kinderarmut, und zwar auf besondere effektive Art und Weise. Effektiv deshalb, weil Familien einfacher und schneller als bisher die staatlichen Leistungen für ihre Kinder erhalten sollen. Gegenwärtig muss das Bürgergeld für Kinder beantragt werden oder der Kinderzuschlag. Für den Antrag sind sehr viele Belege erforderlich, die die Familien beschaffen müssen.
Es gibt gegenwärtig auch unterschiedliche Zuständigkeiten für die Sozialleistungen. Beim Bürgergeld sind die Jobcenter zuständig, beim Kinderzuschlag die Familienkassen. Für das Kindergeld auch die Familienkassen. Für die Kindergrundsicherung sollen einheitlich die Familienkassen zuständig sein.
Ziele der Kindergrundsicherung nicht erreichbar
Wenn die so wie geplant weiter verfahren würde, so würde die Ziele der Kindergrundsicherung nicht erreicht werden, erklären die Personalräte der Jobcenter. Sie führen als Grund zum einen an, dass die Summen, die zur Verfügung gestellt werden sollen, nicht ausreichen würden, um das soziokulturelle Existenzminimum der Kinder abzusichern. Zum anderen würde die Umsetzung der derzeitigen Pläne viele Kinder in das System Bürgergeld hineinbringen. Das, so die Personalräte, habe folgenden Grund: Gegenwärtig wird entweder der Kinderzuschlag gezahlt oder das Bürgergeld. Kinderzuschlag erhalten nur Familien, wenn das Familieneinkommen durch den Kinderzuschlag so weit erhöht wird, dass sie nicht auf das Bürgergeld angewiesen sind und also nicht zum Jobcenter gehen müssen und Bürgergeld beantragen. Gegenwärtig bekommen etwa 835.000 Kinder den Kinderzuschlag, knapp 2,4 Millionen Kinder und Jugendliche unter 25 Jahren erhalten Bürgergeld.
Nach den vorliegenden Plänen der Bundesregierung würden aber bei der Kindergrundsicherung Familien Bürgergeld und die neue Kindergrundsicherung parallel beziehen.
Grund 1: Weil die Kindergrundsicherung in vielen Fällen das Existenzminimum des Kindes nicht abdecke.
Grund 2: die Eltern selbst Bürgergeld erhalten Bürgergeld.
Damit würden also Doppelzuständigkeiten geschaffen werden Es würde weitreichende und komplizierte Überschneidungen zwischen Jobcentern und Familienkassen geben. Grund: Die Leistungen der Kindergrundsicherung müssen von den Jobcentern mit dem Anspruch auf Bürgergeld verrechnet werden, selbst dann, wenn der Bedarf des Kindes gedeckt ist. Beispielsweise müssten die Wohnungskosten der Kinder aus dem Bürgergeld Bedarf der Eltern herausgenommen werden, denn die Wohnungskosten der Kinder sind bereits in der Kindergrundsicherung enthalten. Das alles sei mit einem sehr großen Arbeits- und Zeitaufwand verbunden.
Die Kindergrundsicherung können nicht automatisiert berechnet werden. Diese Ziel sei nicht erreichbar. Die Familienkassen benötigten Daten, die auch anderen Behörden nicht vorlägen. Folglich müssen die Daten von den Antragstellern, den Familien, den Eltern, beigebracht werden.
Problem: Fachkräftemangel in den Familienkassen
Es gibt einen Fachkräftemangel bei den Familienkassen. Für die zusätzlichen Aufgaben müsse neues Personal gefunden werden. Das sei aber nicht im ausreichenden Maß möglich.
Die Forderung der Jobcenter Personalräte
Der Zusatzbetrag der Kindergrundsicherung soll durch das Jobcenter ausgezahlt werden – wie bereits gegenwärtig das Kinder-Bürgergeld. Denn: Die Jobcenter prüfen bereits das Einkommen und Vermögen der armen Familien und haben die für die Bewilligung der Kindergrundsicherung erforderlichen Daten vorliegen. So könnten Kosten gespart werden und die Regelbedarf der Kinder erhöht werden.
Überblick zur geplanten Kindergrundsicherung
Einen guten Überblick zur geplanten Kindergrundsicherung, zur Höhe, Berechnung und Zusammensetzungen, finden Sie hier: Kindergrundsicherung
Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.