Mühlen mahlen bekanntlich langsam, auch die der Behörden. So kann es vorkommen, dass ein Antragsteller wochenlang auf sein Bürgergeld warten muss. Hat er Vermögen, kann er zwischenzeitlich hiervon leben. Manchmal helfen aber auch Freunde, Verwandte, Bekannte oder gemeinnützige Organisationen, mitunter sogar eine Bank, mit einem Darlehen, einem Überbrückungsdarlehen, aus.
Die Frage, die sich stellt: Handelt es sich bei diesem darlehensweise gegebenen Geld um Einkommen i.S.d. Bürgergeld-Gesetzes? Kann es auf den Bürgergeld Anspruch angerechnet werden?
Wir beantworten diese Frage in nachfolgendem Artikel.
Darlehen verkürzt den Bürgergeld Anspruch nicht
Ein privater Kredit darf vom Jobcenter nicht auf das Bürgergeld angerechnet werden.
Der Bürgergeld Regelsatz deckt gerade das Existenzminimum. Manchmal helfen Verwandte oder Freunde mit einem privaten Darlehen bzw. Kredit weiter. Manchmal erhalten Bezieher von Bürgergeld sogar einen Verbraucherkredit von einer Bank. Die Inanspruchnahme und Nutzung eines Darlehens ist möglich, ohne dass das Jobcenter seiner Leistungen kürzen bzw. die Darlehenssumme auf den Bürgergeld Regelsatz anrechnen darf. Dabei spielt es keine Rolle, was der Bürgergeld Bezieher mit dem Kredit macht bzw. wofür er das Geld ausgeben möchte. – Das hat schon vor einiger Zeit das Bundessozialgericht unter dem Az.: B 4 AS 30/20 R entschieden.
Urteil des Bundessozialgerichts: Bürgergeld darf neben Darlehen beantragt und bezogen werden
Dem Urteil des Bundessozialgerichts lag der Fall einer Frau zugrunde, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, aber eine Arbeit in den nächsten Monaten in Aussicht hatte. Zur Überbrückung beantragte sie Bürgergeld (seinerzeit Hartz IV).
Keine Anrechnung von Darlehen auf Bürgergeld
Vor der Beantragung von Bürgergeld hatte die Klägerin im genannten Falle des Bundessozialgerichts ein privates Studiendarlehen aufgenommen. Sie erhielt monatlich mehrere einhundert Euro von der Bank. Aus diesem Grund lehnte das Jobcenter den Antrag auf Bürgergeld ab; der Lebensunterhalt sei schon gesichert.
Bundessozialgericht: Darlehen verdrängt Bürgergeld Anspruch nicht
Das Bundessozialgericht wertete den Sachverhalt jedoch anders als das Jobcenter. Das Studiendarlehen sei kein Einkommen i.S.d. SGB II, des Bürgergeld Gesetzes. Grund: Ein Darlehen bzw. Kredit ist als lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung anzusehen. Ein Darlehen, das zurück gezahlt werden muss, ist kein Vermögenszuwachs. Es steht dem Darlehensnehmer nicht dauerhaft zur Verfügung und kann deshalb nicht den Lebensunterhalt sichern. Das Darlehen darf vom Jobcenter nicht berücksichtigt werden.
Das Bundessozialgericht urteilte, dass es sich nur bei darlehensweise gewährten Sozialleistungen anders verhalte. Diese könnten vom Jobcenter für die Berechnung des Anspruchs auf Bürgergeld berücksichtigt werden. Ein Studienkredit sei jedoch selbst dann keine Sozialleistung, wenn er von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewährt werde. Der Zweck des Darlehens keine Rolle, sonst wären beispielsweise auch Verbraucherkredite für Bürgergeld Bezieher ohne Sinn, denn es bestünde eine Darlehens Rückzahlungsverpflichtung ohne tatsächlich mehr Geld zur Verfügung zu haben.
Zusammenfassung zu Darlehen und Bürgergeld
Das Wichtigste zum Schluss kurz zusammengefasst:
- Ein privates Darlehen darf nicht auf das Bürgergeld angerechnet werden.
- Jeder Bezieher von Bürgergeld darf ein Darlehen aufnehmen, für das er selbst einzustehen hat. Das Jobcenter darf die Darlehenssumme nicht für die Berechnung des Anspruchs auf Bürgergeld berücksichtigen.
- Hierzu gibt es eine Entscheidung des Bundessozialgerichts.
Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.