Aufforderung Wohngeld zu beantragen

  • Hallo zusammen, ich habe 100 % Erwerbsminderungsrente und Grusi. Seit 2013 Erwerbsminderungsrente mit ergänzende Sozialhilfe , 2018 Grundsicherung. Habe einen Antrag bekommen vom Sozial Amt das ich Wohngeld beantragen soll. Ich habe schon viel gegoogelt, da ich das eigentlich nicht möchte. 1050 Euro habe ich mit Grusi, mit Wohngeld wäre es 1150 Euro. Kann ich es ablehnen? Gibt es vielleicht schon Urteile?

    Habt noch einen schönen Abend!!!

  • Nein das kannst du nicht ablehnen. Du kannst dir nicht aussuchen, welche Sozialleistungen du bekommst. Wenn mit Wohngeld mehr raus kommt, dann musst du Wohngeld beantragen. Ich verstehe auch nicht, warum du auf 100 Euro verzichten willst.

  • Ich kann mir Simones Gedankengang schon vorstellen, warum sie möglicherweise auf das Wohngeld verzichten will.

    Nehmen wir mal an, Simone bekommt 1.050 € Grundsicherung unter Anrechnung von 800 € Bruttorente. Bisher ist ihre Zuzahlung für Medikamente 12 x 563,00 € x 2 % = 135,12 € jährlich.

    Sobald sie im Wohngeld ist, errechnet sich die Zuzahlung von der Bruttorente (Wohngeld bleibt m.W. außen vor). Damit ergibt sich 12 x 800,00 € x 2 % = 192,00 €.

    Sind schonmal 56,88 € pro Jahr (4,74 € pro Monat) mehr.

    Kein Deutschland-Ticket sozial mehr (48 €/Monat), sondern nur "normales" D-Ticket (58 €/Monat). Mehrkosten somit 10,00 € im Monat.

    Möglicherweise Wegfall von weiteren Vergünstigungen für Bedürftige (z.B. ermäßigter Theater- oder Schwimmbadeintritt etc.)

    Bei einer Differenz zwischen Rente + Grusi bzw. Rente + Wohngeld von 100 € macht sich das nicht unbedingt bemerkbar, sie hat auf jeden Fall mehr Geld in der Tasche.

    Aber bei nur geringen Überschreitungen des sozialhilferechtlichen Bedarfs (z.B. 20 oder 30 € monatlich) kann das "mehr Geld" durchaus vom Wegfall diverser Vergünstigungen aufgefressen werden.

    Schöne Grüße
    ubu

  • Ja, aber trotzdem kann man es sich nicht aussuchen.

    Das ist so. Sozialhilfeleistungen gibt's nur, wenn der Lebensunterhalt nicht anders sichergestellt werden kann.

    D.h. alle anderen Sozialleistungen sind vorrangig, wenn die Bedürftigkeit im Sinne des SGB XII vermieden oder beseitigt werden kann.

    Schöne Grüße
    ubu

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    Na ja, das BSG sieht es wohl ein wenig anders.


    Guckst Du hier:

    BSG gibt Wahlrecht: Bedürftige können Sozialhilfe statt Wohngeld beantragen
    Darf die Gewährung von ergänzender Sozialhilfe davon abhängig gemacht werden, dass auch Wohngeld beantragt werden muss?
    www.wolterskluwer.com

    Zitat:

    BSG gibt Wahlrecht: Bedürftige können Sozialhilfe statt Wohngeld beantragen


    Redaktion eGovPraxis Sozialhilfe

    Sozialhilfe hat für bedürftige Personen mitunter erhebliche Vorteile: Daneben kann zum Beispiel oft noch ein vergünstigtes Ticket für den öffentlichen Nahverkehr beantragt werden.

    Wohngeldbezieher dagegen haben solche Vergünstigungen oft nicht. Das BSG hat nun einen Fall entschieden, in dem ein Rentner vor der Wahl stand: Wohngeld oder Sozialhilfe.

    Der Fall

    Ein Rentner aus Berlin bezog neben seinem niedrigen Ruhegeld auch noch Wohngeld. Dadurch waren seine Einkünfte so hoch, dass daneben kein Anspruch mehr auf ergänzende Sozialhilfe bestand. Deshalb ließ der Mann seinen Wohngeldanspruch auslaufen und beantragte stattdessen Sozialhilfe.

    Als Bezieher von Sozialhilfe konnte der Rentner den so genannten „Berlin-Pass“ beantragen und unter anderem ein Monatsticket für den öffentlichen Personennahverkehr statt für regulär 86,00 Euro zum vergünstigten Preis in Höhe von 27,50 Euro erwerben.

    Für Wohngeldbezieher bestand diese Möglichkeit zum damaligen Zeitpunkt nicht. Doch das Land Berlin als Sozialhilfeträger lehnte den Antrag des Rentners mit der Begründung ab, dass Sozialhilfe gemäß § 2 Abs. 1 SGB XII nur nachrangig bewilligt werden könne und riet ihm, erst wieder Wohngeld zu beantragen.

    Die Entscheidung

    Das BSG widersprach dem Sozialhilfeträger und räumte dem Rentner die Wahl ein, entweder nur Sozialhilfe oder erst auch Wohngeld zu beantragen.

    Die Begründung: Der Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 SGB XII ist keine isolierte Ausschlussnorm, sondern ein reiner „Programmsatz“, der keine Pflicht begründet auch Wohngeld zu beantragen.

    Entgegen der Auffassung des Landes Berlin musste der Mann damit nicht zunächst Wohngeld beantragen, bevor er Sozialhilfe verlangen konnte.

    Fazit

    1. Der Bedürftige kann die für ihn günstigere Leistungsform wählen.

    2. Die Entscheidung des BSG erlaubt es bedürftigen Personen nun auf einen Wohngeldantrag zu verzichten, um als Sozialhilfeberechtigter weitere finanzielle Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu können, wie:
    • ein vergünstigtes ÖPNV-Monatsticket
    • kostenloser Eintritt zu Freizeiteinrichtungen
    • eine Befristung der Zuzahlung bei Arzneimitteln
    • die automatische Freistellung von der Zahlung des Rundfunkbeitrags.

    Quelle: Urteil des BSG vom 23.03.2021 – B 8 SO 2/20 R

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    Das BSG sagt aber nicht, dass nicht das Sozialamt den Antrag auf Wohngeld von Amts wegen stellen könnte, oder?


    M. E. n. ging es doch eher um die Ablehnung trotz bestehender Hilfebedürftigkeit. Also die mit der Ablehnung verbunden Weigerung, Leistungen nach dem SGB XII als Vorausleistung auf Wohngeld zu zahlen, weil das Sozialamt meinte, das geht nicht, wenn der Antragsteller keinen Wohngeldantrag gestellt hat.

    Es ist nicht nötig (und noch dazu regelwidrig!), mir eine PN zu schreiben, weil eine Verwarnung erfolgte, ein Beitrag oder Thread gelöscht oder ein Thread geschlossen wurde. Wenn dies geschah, hatte es einen entsprechenden Grund. Ich verweise insoweit auf die Regeln des Forums: Forenregeln.

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    Völlig klar Turtle1972


    Zitat:

    Das BSG sagt aber nicht, dass nicht das Sozialamt den Antrag auf Wohngeld von Amts wegen stellen könnte, oder?

    Ist das wirlich so?

    Einschlägig ist hier der § 95 SGB XII, wonach der SHT im berechtigen Interesse gem. § 95 SGB XII die Feststellung einer Sozialleistung betreiben "kann". D.h. der SHT "kann" den Antrag auf Wohngeld stellen, er muss es abern nicht. D.h. bei "Kann" muss der SHT leider Ermessen ausüben! Bei der Ausübung des Ermessens müssen leider die Ost- und Westwinde berücksichtigt werden, sorry!

    Alles andere ist eine Art eines bestimmten Landrechtes ohne Rechtsgrundlage. So unter dem Motto: das haben wir immer so gemacht. Machst Du es nicht (Wohngeldantrag stellen) dann gibt es Schläge bzw. Sanktionen!

    Einschlägig ist hier mittlerweile eine Weisung des BMAS zu dieser Problematik.

    Kennst Du diese Weisung, Turtle1972?

    Wenn ich mir das schwurbelige Teil vom BMAS reinpfeiffe, dann bekomme ich Putenpelle oder Elefeantenpickel!!!

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    SGB XII ist bekanntlich nicht meine Baustelle. Wäre nicht das erste Mal, dass ein Ministerium eine BSG Entscheidung völlig falsch auslegt. Dann muss man eben mit "Augen zu und durch" das Beste versuchen. Ist im JC auch nicht anders, glaub mir.

    Es ist nicht nötig (und noch dazu regelwidrig!), mir eine PN zu schreiben, weil eine Verwarnung erfolgte, ein Beitrag oder Thread gelöscht oder ein Thread geschlossen wurde. Wenn dies geschah, hatte es einen entsprechenden Grund. Ich verweise insoweit auf die Regeln des Forums: Forenregeln.

  • Hallo zusammen, erstmal danke für eure Antworten!

    Bei dem Wohngeld Antrag war ein Hinweis Flyer mit bei, wo drin steht wann man kein Wohngeld bekommt! Stelle ich mal ein. Werde dann einen Antrag stellen und schauen was passiert!

    Werde weiter berichten.