Leistungsminderungen beim Bürgergeld

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Im Bereich des Bürgergeldes gilt der Grundsatz des Förderns und Forderns. Das bedeutet, das Leistungsbezieher Pflicht haben. Verletzten sie diese Pflichten bzw. kommen sie diesen nicht nach, kann das zuständige Jobcenter Leistungsminderungen vornehmen. Das Bürgergeld-Gesetzt benutzt den Begriff Leistungsminderungen, der alte Begriff „Sanktionen“ wurde aus dem Gesetz verbannt.

Sanktionen bzw. Leistungsminderungen im Bereich des Bürgergeldes sind eines der umstrittensten Themen. Der Gesetzgeber hat das System der Sanktionen neu geordnet und sie entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts neu als Leistungsminderungen gefasst.

Leistungsminderungen setzten eine Pflichtverletzung oder ein Meldeversäumnis voraus.

Nach dem Bürgergeld-Gesetz können Leistungsminderungen nur verhängt werden, wenn eine Pflichtverletzung oder ein Meldeversäumnis vorliegt. Und sie dürfen sich nur auf den Regelsatz beziehen.

Wann liegt eine Pflichtverletzung vor

Wann eine Pflichtverletzung vorliegt, ist in § 31 SGB II geregelt.

Danach haben sowohl erwerbsfähige Bürgergeld-Bezieher als auch nicht-erwerbsfähige Bürgergeld-Bezieher Pflichten.

Eine Pflichtverletzung durch erwerbsfähige Bürgergeld-Bezieher liegt in folgenden Fällen vor:

1. Verweigerung der Mitwirkung sie weigern sich, den Mitwirkungspflichten i.d. § 15 Abs. 5 oder 6 nachzukommen

2. Verweigerung der Arbeits-, Ausbildungs- oder sonstigen Maßnahme sie weigern weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder sie verhindern deren Anbahnung durch ihr Verhalten

3. Verweigerung von Eingliederungsmaßnahme sie treten eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht an, brechen sie ab oder haben Anlass für den Abbruch gegeben.
Ausnahme: die Bürgergeld-Bezieher haben legen einen wichtigen Grund für ihr Verhalten dar und weisen diesen Grund nach.

Eine Pflichtverletzung durch erwerbsfähigen Leistungsberechtigten liegt auch in den nachfolgend aufgeführten Fällen vor:

4.Vorsätzliche Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit Die Bürgergeld-Bezieher haben nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes herbeizuführen,

5. vorsätzliche Fortsetzung eine unwirtschaftlichen Verhaltens Die Bürgergeld-Bezieher setzen trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fort,

6. Bestehen einer Sperrzeit nach SGB III Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder ist erloschen, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften SGB III festgestellt hat, oder

7. Vorliegen der Voraussetzungen einer Sperrzeit nach SGB III , ohne dass sie verhängt wurde Die Leistungsbezieher erfüllen die im SGB III genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.


Weitere Voraussetzung für Pflichtverletzung: Rechtsfolgenbelehrung oder Kenntnis

Weitere Voraussetzung, damit das Verhalten als Pflichtverletzung gewertet werden kann: Es fand eine Rechtsfolgenbelehrung durch das Jobcenter statt oder die leistungsberechtigte Person kannte die Rechtsfolgen ihres Verhaltens. Von der Kenntnis kann i. d. R. ausgegangen werden, wegen einer Pflichtverletzung bereits einmal eine Leistungsminderung eingetreten ist. Die Kenntnis von den Rechtsfolgen kann
sich auch aus anderen konkreten Umständen ergeben. Diese muss das Jobcenter im Zweifel nachweisen.

Höhe und Dauer der Leistungsminderung

Bei Vorliegen einer der o.g. Pflichtverletzungen mindert sich das Bürgergeld um 10 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelsatzes. Die Dauer der Minderung beträgt 1 Monat.

Bei Vorliegen einer weiteren Pflichtverletzung mindert sich das Bürgergeld um 20 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelsatzes. Die Dauer der Leistungsminderung beträgt 2 Monate.

Bei Vorliegen jeder weiteren Pflichtverletzung mindert sich das Bürgergeld um 30 Prozent des nach § 20 jeweils maßgeblichen Regelsatzes. Die Dauer der Leistungsminderung beträgt 3 Monate.

Eine weitere Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Liegt der Beginn des vorangegangenen Zeitraums der Leistungsminderung länger als ein Jahr zurück, liegt keine weitere Pflichtverletzung vor, sondern sie wird wie eine erste Pflichtverletzung behandelt, so dass die Leistungsminderung bei 10 Prozent beträgt.

Eine verhängte Leistungsminderungen muss aufgehoben werden, wenn und sobald die Pflichten erfüllen oder wenn sich die leistungsberechtigte Person sich nachträglich ernsthaft und nachhaltig dazu bereit erklären, die Pflicht zukünftig zu erfüllen.

Bei einer Pflichtverletzungen in Form der erfolgten Veranlassung einer Sperrzeit nach SGB III aufgrund eines Meldeversäumnis nach § 159 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 SGB III erfolgt lediglich eine Leistungsminderung um 10 Prozent.


Anhörung vor Feststellung der Leistungsminderung

Bevor das Jobcenter eine Leistungsminderung durch Bescheid feststellt bzw. festsetzt, wird dem Bürgergeld-Bezieher eine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Auf sein Verlangen soll die Anhörung persönlich erfolgen. Es soll also ein Gespräch stattfinden. Bei einer wiederholten Pflichtverletzung oder Meildeversäumnis soll die Anhörung ebenfalls persönlich erfolgen, und zwar auch ohne, dass der Betroffene dies verlangt. Das Jobcenter lädt den Betroffenen dann von sich aus zu einem persönlichen Termin ein.

Keine Leistungsminderung bei außergewöhnlicher Härte

Trotz Vorliegen einer Pflichtverletzung oder eines Meldeversäumnisses und der Rechtsfolgenbelehrung darf das Jobcenter keine Leistungsminderung durchführen, wenn diese im konkreten Fall eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.


Höchstgrenze für Leistungsminderung

Bei wiederholten Pflichtverletzungen oder wiederholten Meldeversäumnissen darf die Leistungsminderung maximal 30 Prozent des Regelsatzes umfassen.

Die Zahlungen des Jobcenters für die Unterkunft und Heizung dürften in keinem Fall gekürzt werden.

Leistungsminderungen bei nicht erwerbsfähigen Leistungsberechtigten

Verletzt ein nicht erwerbsfähiger Bürgergeld-Bezieher seine Pflichten, so können

Leistungsminderungen nur bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 1 und 2 durchgeführt werden, also nur wenn folgende Fälle gegeben sind: – Verweigerung der Mitwirkung Sie weigern sich, den Mitwirkungspflichten i.d. § 15 Abs. 5 oder 6 nachzukommen – Verweigerung der Arbeits-, Ausbildungs- oder sonstigen Maßnahme Sie weigern sich, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder sie verhindern deren Anbahnung durch ihr Verhalten


Leistungsminderung bei Unter-25-jährigen Bürgergeld-Beziehern

Sind erwerbsfähige Leistungsberechtigte noch nicht 25 Jahre alt, so sollen sie innerhalb von vier Wochen nach Feststellung einer Leistungsminderung ein Beratungsangebot vom Jobcenter erhalten. In diesem Beratungsgespräch sollen dann die Inhalte des Kooperationsplans überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben bzw. geändert werden.

Bei Leistungsminderungen gegenüber Bürgergeld-Beziehern, die noch nicht 25 Jahre alt sind, muss die Minderung ab dem Zeitpunkt der Pflichterfüllung oder der Erklärung der Bereitschaft zur Pflichterfüllung aufgehoben werden, wenn der Zeitraum der Leistungsminderung mindestens einen Monat betragen hat. Ist der Zeitraum der Leistungsminderung kürzer als ein Monat gewesen, kann die Leistungsminderung erst mit Ablauf des laufenden Monats aufgehoben werden.

Beginn der Leistungsminderung

Die Leistungsminderung beginnt mit dem Monat, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. I

Ist von der Arbeitsagentur bei Bezug von Arbeitslosengeld eine Sperrzeit verhängt worden, so erfolgt de Kürzung des Regelsatzes mit Beginn der Sperrzeit oder mit dem Erlöschen des Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III ein.


„Verjährung“ der Leistungsminderung

Die Möglichkeit, eine Leistungsminderung zu verhängen, kann auch „verjähren.“ Es gilt folgendes:

Die Leistungsminderung muss vom Jobcenter innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung durch Bescheid festgestellt werden. Andernfalls kann die Pflichtverletzung nicht mehr mit einer Leistungsminderung „geahndet“ werden.

Leistungsminderung kann nicht durch Sozialhilfe umgangen werden

Ist eine Leistungsminderung durch das Jobcenter verhängt worden, so besteht während des Zeitraums der Leistungsminderung kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des SGB XII, also kein Anspruch auf allgemeine Sozialhilfe


Meldeversäumnisse ziehen ebenfalls Leistungsminderungen nach sich

Wenn ein Bürgergeld-Bezieher einer Aufforderung einer Aufforderung eines zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nach und wurde er schriftlicher über die Rechtsfolgen belehrt oder kannte er die Rechtsfolgen, so mindert sich der individuelle Regelsatz des Bürgergeldes jeweils um 10 Prozent für einen Monat.

Ausnahme: Der oder die Betroffene nennt einen wichtigen Grund für das Verhalten und weist ihn nach.

Zusammenfassung zu den Leistungsminderungen

Nachfolgend die wichtigsten Punkte zu den möglichen Leistungsminderungen beim Bürgergeld in der Zusammenfassung:

  • Die Leistungsminderungen wegen wiederholter Pflichtverletzungen und Meldeversäumnissen betragen höchstens 30 % des maßgebenden monatlichen Regelsatzes. Zahlungen für Unterkunft und Heizung werden nicht gemindert.
  • Eine Leistungsminderung darf nicht erfolgen, wenn sie im konkreten Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde.
  • Die Leistungsberechtigten können sich nachträglich glaubhaft bereit erklären, ihren Pflichten nachzukommen oder die Mitwirkungspflicht zu erfüllen,. In diesem Fall wird die Leistungsminderung aufgehoben.
  • Sonderregelungen im Bereich der Leistungsminderungen für unter 25-jährige Leistungsberechtigte existieren nicht mehr.
  • Die möglichen Leistungsminderungen bei Pflichtverletzungen sind gestaffelt:
  • Bei der ersten Pflichtverletzung erfolgt eine Minderung um 10 % des maßgebenden Regelbedarfs für einen Monat,
  • bei der zweiten Pflichtverletzung erfolgte eine Minderung um 20 % des maßgebenden Regelbedarfs für 2 Monate und
  • bei jeder weiteren Pflichtverletzung erfolgt eine Minderung um 30 % des maßgebenden Regelbedarfs für 3 Monate.
  • Bei einem Meldeversäumnis erfolgt eine Minderung der Leistungen um 10 % des maßgebenden Regelbedarfs für einen Monat.
  • Vor der Festsetzung einer Leistungsminderung wird dem Bürgergeld-Bezieher eine persönliche Anhörung angeboten.

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