Bürgergeld: Strompreise und Stromkosten steigen – was tun?

Bürgergeld: Strompreise und Stromkosten steigen - was tun?
Foto des Autors

von

geprüft von

Viele Bezieher von Bürgergeld machen sich Sorgen um die steigenden Strompreise und die damit verbundenen Stromkosten für ihren Haushalt. Das ist nicht unbegründet, denn die Kosten für Strom müssen aus dem Bürgergeld – Regelsatz beglichen werden. Im Eckregelsatz für eine alleinstehende Person waren dafür im März 2023 40,74 Euro vorgesehen. Die Strompreise sind im Vergleich zum Vorjahr um fast 40 Prozent gestiegen, der Bürgergeld – Regelsatz lediglich um etwas mehr als 10 Prozent.

2024 sieht die Lage etwas entspannter aus. Doch die folgenden Ratschläge sind immer noch aktuell.

Strompreisbremse wird ab 1. März 2023 umgesetzt

Doch es gibt auch eine gute Nachricht für Bürgergeld Bezieher. Ab dem 1. März setzten die Energiekonzerne die gesetzliche Strompreisbremse um, und zwar rückwirkend ab dem 1. Januar 2023. Dadurch werden aktuell auch die Abschläge für Strom gesenkt.

Zu den Einzelheiten hier: Strompreisbremse für Bürgergeld – Bezieher

Was tun angesichts steigender Kosten für Strom?

Die erste Maßnahme, um mit den steigenden Kosten für Strom umzugehen, ist sicherlich ein Stromcheck: wie kann ich Strom sparen, wie kann ich den Stromverbrauch reduzieren. Hierbei kann man sich von den Verbraucherzentralen oder von karitativen Institutionen unterstützen lassen.

Die weitere, kurzfristige Maßnahme ist, den zur Verfügung stehenden Regelsatz anderes aufzuteilen. Zwangsläufig muss bei Mehrausgaben für Strom in anderen Bereichen gespart werden. Das jedoch jeden Monat zu tun, ist angesichts immer weiter steigender Lebenshaltungskosten fast undurchführbar. Stichwort: Inflation und Bürgergeld. Doch gegenwärtig gibt es nicht viele weitere Möglichkeiten. Die Politik ist gefordert, für Bürgergeld Bezieher mehr als die Strompreisbremse zur Verfügung zu stellen.

Antrag auf Härtefall – Mehrbedarf für Strom?

Es besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Mehrbedarf aufgrund eines Härtefalles gem. § 21 Abs. 6 SGB II (Bürgergeld-Gesetz) zu stellen, die den Regelsatz-Betrag übersteigenden Stromkosten als unabweisbaren laufenden Bedarf beim Jobcenter geltend zu machen.

Den Härtefall könnten man mit den stark gestiegenen Strompreisen (40 bis 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr) begründen, wohingegen, wie gesagt, die Regelsatz lediglich um etwas mehr als 10 Prozent erhöht wurde.

Ein solcher Antrag auf laufenden Mehrbedarf für Strom dürfte jedoch wenig Aussicht auf Erfolg haben, weil ein Härtefall i. S. der Vorschrift immer eine besondere Lage im Vergleich zur Situation andere Bezieher von Bürgergeld sein muss. Das ist bei den steigenden Strompreisen aber nicht der Fall. Diese betreffen alle Bürgergeldbezieher gleich. Die steigenden Stromkosten sind somit eine Härte, aber kein Härtefall i. S. des § 21 Abs. 6 SGB II.

Ein Antrag auf Mehrbedarf für Strom hätte unserer Ansicht nach keine Aussicht auf Erfolg.

Dennoch kann man einen solchen Antrag stellen und im Falle eines Ablehnungsbescheids Widerspruch und anschließen Klage vor dem Sozialgericht erheben.

Gesetzgeber ist gefragt: der Regelsatz muss im Bereich Stromkosten erhöht werden

Nach unserer Auffassung ist der Gesetzgeber gefordert, den Bürgergeld Regelsatz im Hinblick auf die drastisch gestiegenen Stromkosten zu erhöhen. Hierzu gibt es bereits eine (fast 10 Jahre zurückliegende) Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, des höchsten deutschen Gerichts, aus der wir wie folgt zitieren:

“Ergibt sich eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter, muss der Gesetzgeber zeitnah darauf reagieren. So muss die Entwicklung der Preise für Haushaltsstrom berücksichtigt werden. Ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, darf der Gesetzgeber dabei nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten.” (BVerfG AZ: 1 BvL 10/12; AZ: 1 BvL 12/12; AZ: 1 BvR 1691/13; Rn 144).

Nach dieser Entscheidung bedeutet ein starker Anstieg der Stromkosten einen Härtefall für die Gesamtheit der Bürgergeld-Bezieher, auf den nur der Gesetzgeber reagieren kann, nicht aber das Jobcenter durch eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen.

Hohe Jahresrechnung Strom: Antrag auf Darlehen beim Jobcenter

Fällt die Jahresrechnung für Strom aufgrund der gestiegenen Strompreis so hoch aus, dass sich eine große Nachzahlung ergibt, so kann beim Jobcenter ein Antrag auf darlehensweise Übernahme der Stromkosten gestellt werden. Im Falle einer Bewilligung würde das Jobcenter die Strom-Nachzahlung begleichen, vom laufenden Regelsatz dann eine gewisse Summe als Rückzahlungsrate einbehalten.

Ein solches Darlehen für die Strom-Jahresrechnung zu gewähren, steht jedoch im Ermessen des Jobcenters.

Zusammenfassung zum Bürgergeld und steigenden Stromkosten

Das Wichtigste zu den Stromkosten beim Bürgergeld kurz notiert:

  • Die laufenden Stromkosten müssen beim Bürgergeld aus dem Regelsatz gezahlt werden.
  • Einen Mehrbedarf aufgrund eines Härtefalls wegen hoher Stromkosten beim Jobcenter zu beantragen hat unser Ansicht nach wenig Aussichten auf Erfolg.
  • Der Gesetzgeber ist gefordert, den Regelsatz kurzfristig aufgrund der gestiegenen Strompreise zu erhöhen.
  • Hinsichtlich der Stromkosten-Nachzahlung (Jahresrechnung) kann ein Darlehen beim Jobcenter beantragt werden.