Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist schlecht. Die Auswirkungen der Pandemie sind überall noch deutlich zu spüren. Auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist angespannt und insbesondere ältere Arbeitnehmer verlieren ihre Jobs. Doch was geschieht, wenn man mit 55 Jahren plötzlich arbeitslos wird? Muss ich meine Ersparnisse aufbrauchen oder mein Wohneigentum verkaufen?
Bekomme ich Arbeitslosengeld oder Bürgergeld?
Sobald man das Kündigungsschreiben erhalten hat, führt der erste Weg ins Jobcenter. Wer zuvor einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen ist, hat in der Regel ein Anrecht auf Arbeitslosengeld. Diese Leistungen werden durch die zuvor einbezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung finanziert. Die Höhe des Arbeitslosengeldes errechnet sich nach dem letzten Verdienst. Als Richtwert gilt ein Betrag von 60 % des letzten Nettoverdienstes. Personen, die keine ausreichenden Beiträge geleistet haben, werden innerhalb der Arbeitslosenversicherung nicht berücksichtigt. Gelten diese Personen als bedürftig und erfüllen auch alle anderen Bürgergeldregeln, dann steht ihnen alternativ Bürgergeld zu. Das Bürgergeld wird unabhängig vom letzten Nettogehalt gezahlt und richtet sich nach den notwendigen finanziellen Mitteln zum Lebensunterhalt (Regelbedarf). Zusätzlich werden Heizkosten und Miete berücksichtigt. Unter bestimmten Umständen steht dem Leistungsbezieher auch noch ein Mehrbedarf zu. Das Bürgergeld wird nicht aus den Sozialversicherungsbeiträgen, sondern aus Steuergeldern finanziert. Es ist eine Art Grundsicherung für Personen, die dem Arbeitsmarkt noch zur Verfügung stehen. Sollte das Arbeitslosengeld die Kosten zum Lebensunterhalt nicht decken, dann kann man zusätzlich zum Arbeitslosengeld noch Bürgergeld beantragen.
Was geschieht mit meinen Ersparnissen?
Wer mit 55 Jahren plötzlich arbeitslos wird, der hat oft Angst, seine Ersparnisse und sein Vermögen zu verlieren. Doch so schnell geht es nicht. Dank der eingeführten Karenzzeit beim Bürgergeld gibt es auch keine Sanktionen. Entscheidend ist aber auch hier, ob man ein Anrecht auf Arbeitslosengeld hat. Das Arbeitslosengeld ist eine Versicherungsleistung, die man erhält, weil man zuvor Beiträge zur Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Wer Arbeitslosengeld erhält, der braucht sich um sein Vermögen keine Sorgen zu machen. Erst, wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld ausläuft und der Leistungsbezieher zum Bürgergeld (bis Januar 2023 Arbeitslosengeld II) wechselt, muss er unter Umständen sein verwertbares Vermögen einsetzen. Allerdings gilt hier zunächst eine Karenzzeit und es gibt auch gesetzlich festgeschriebene Freibeträge. Es gibt aber Ausnahmen, wenn das verwertbare Vermögen als erheblich anzusehen ist. Das Gesetz definiert erhebliches Vermögen nach der Bedarfsgemeinschaft. Die arbeitslose Person, die vom Arbeitslosengeld zum Bürgergeld wechselt, gilt als erste Person mit Leistungsanspruch innerhalb der Bedarfsgemeinschaft. Ihr Vermögen darf den Betrag von 40.000 Euro nicht überschreiten. Für alle weiteren Personen, die in der Bedarfsgemeinschaft leben, gilt ein Freibetrag von 15.000 Euro pro Person. Nach Ablauf der Karenzzeit bezieht sich der Freibetrag von 15.000 Euro auch auf den ersten Leistungsbezieher innerhalb der Bedarfsgemeinschaft.
Was zählt als Vermögen?
Das Vermögen in Bezug auf den Erhalt von Bürgergeld bezieht sich auf alle Dinge, die dem Leistungsbezieher gehören und als Geld anerkannt werden können. Die Gegenstände müssen in Form von Geld messbar sein. Messbar bezieht sich auf Bargeld, Aktien, Sparbriefe und Sparguthaben. Als wertvolle Gegenstände werden Schmuck, Antiquitäten, Gemälde und Fahrzeuge angesehen. Auch Kapitallebensversicherungen, Versicherungsgeldanlagen und Immobilien sind Vermögensleistungen, die berücksichtigt werden müssen. Bei Immobilien und Lebensversicherungen gibt es aber Ausnahmen. Ist die Lebensversicherung eine Art Sterbeversicherung und dient der Gewinn daraus ausschließlich zur Deckung der Bestattungskosten, dann wird die Versicherung nicht als Vermögen angesehen. Hier ist aber ein Nachweis erforderlich. Gleiches gilt auch, wenn die Lebensversicherung zur Altersvorsorge dient. Immobilien und Grundstücke werden erst nach Ablauf der Karenzzeit interessant. Während der Karenzzeit gelten sie nicht als erhebliches Vermögen. Danach finden die Immobilien nur dann Berücksichtigung, wenn sie nicht als Wohneigentum genutzt werden. Es gibt aber Auflagen bei der Nutzung des Eigentums. Die vorgegebenen Regeln gelten für eine Bedarfsgemeinschaft von vier Personen. Innerhalb dieser Bedarfsgemeinschaft darf ein eigenes Haus die Wohnfläche von 140 Quadratmetern nicht überschreiten. Bei Eigentumswohnungen gilt eine Höchstfläche von 130 Quadratmetern. Die Wohnfläche steigt mit jeder weiteren Person, die innerhalb der Bedarfsgemeinschaft lebt, um 20 Quadratmeter an. Generell sind die Jobcenter aber angewiesen, die individuellen Umstände zu berücksichtigen. In Härtefällen werden auch größere Wohnflächen akzeptiert.
Wer mit über 55 Jahren arbeitslos wird, der sollte den Mut nicht verlieren. In Deutschland herrscht Fachkräftemangel und qualifizierte Mitarbeiter mit Berufserfahrung haben gute Chancen einen neuen Job zu finden. Ab Mitte des Jahres greifen zudem die neuen Bürgergeldgesetze, die Menschen durch effiziente Mittel wieder zurück ins Berufsleben bringen sollen. Niemand verliert sofort sein Vermögen und eventuell findet man ja schon innerhalb der Karenzzeit eine neue Anstellung.
Hartmut Dreier ist ein Vollblutjournalist mit sozialem Herz. Er engagiert sich seit Jahren in unserem Online-Magazin. Er hat Kommunikationswissenschaft und Journalismus studiert. Gebürtig stammt er aus Bayern, arbeitete in Berlin und Frankfurt a. M. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie gut recherchiert und für die Menschen geschrieben sind.