Bürger & Geld: Unterhaltsvorschuss – muss Jugendamt zahlen, wenn Mutter den Vater nicht kennt?

Das Jugendamt zahlt Unterhaltsvorschuss, wenn der Vater zahlungsunfähig ist. Welche Pflichten hat die Mutter des Kindes?

Bürger & Geld: Unterhaltsvorschuss - muss Jugendamt zahlen, wenn Mutter den Vater nicht kennt?

Wenn der Kindesvater nicht zahlen kann oder nicht bekannt ist, so hat die Mutter einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss gegenüber dem Jugendamt. Sie muss allerdings alles in ihrer Macht tun, damit der Vater ermittelt werden kann. Dies hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht in einem Urteil kürzlich klargestellt. Nachfolgend lesen Sie die Einzelheiten des Urteils und die allgemeinen Voraussetzungen zum Unterhaltsvorschuss.

Unterhaltsvorschuss bei Beziehung für nur eine Nacht

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Unterhaltsvorschuss wenn die Mutter den Vater nicht kennt: Welche Pflichten hat die Mutter?

Der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.05.2023 – 5 A 350/22) lag der Fall einer Frau zugrunde, die einen Mann in einem Café traf und die Nacht mit ihm verbrachte. Die Folge war ein Kind. Die Frau beantragte Unterhaltsvorschuss. Die Identität des Mannes konnte sie nicht in Erfahrung bringen obwohl sie im Café an mehreren Tagen Nachforschungen anstellte.

Das Gericht erklärte, dass die Kindesmutter eine Mitwirkungspflicht nach § 1 Abs. 3 UVG habe. In „Eine-Nacht“-Fällen müsse sie glaubhaft machen, die Identität des Vaters nicht zu kennen.

Wenn die Angaben der Mutter zum Verlauf der Zeugung und der Zeit danach zu pauschal und ohne Details seien, könne man darin eine Weigerung zur Mitwirkung an der Feststellung der Vaterschaft sehen. Detaillierte Schilderungen seien hingegen ein Indiz dafür, dass das Geschilderte mit den Tatsachen übereinstimme. Wenn der Kindesmutter aber eine detaillierte Schilderung nicht möglich sei , dürfe aus den wenigen Angaben nicht auf die Unglaubhaftigkeit derselben und die Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht geschlossen werden. Die Mitwirkungspflicht gehe nicht so weit, dass aufgrund der Angaben der Mutter der Kindesvater tatsächlich ermittelt werden könne

Pflichten der Mutter: Ergreifung zumutbarer Ermittlungsmaßnahmen

Zudem müsse die Mutter, so das Oberverwaltungsgericht, alles ihr Mögliche und Zumutbare tun, um den Kindesvater zu ermitteln. Dies gelte ab dem Zeitpunkt der Feststellung der Schwangerschaft. Ermittlungen, die offensichtlich aussichtslos sind, müsse sie jedoch nicht anstellen.

Im entschiedenen Fall hat das Oberverwaltungsgericht Zahlung von Unterhaltsvorschuss bewilligt. Die Mutter habe ihre Mitwirkungspflichten erfüllt.

Allgemeinen Voraussetzungen für den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss

Um Anspruch auf Unterhaltsvorschuss zu haben, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Das Kind muss bei einem alleinerziehenden Elternteil leben.
  • Das Kind muss das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
  • Der andere Elternteil muss nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt zahlen.
  • Das Einkommen des alleinerziehenden Elternteils darf bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreiten.

Höhe des Unterhaltsvorschusses

Die Höhe des Unterhaltsvorschusses beträgt:

  • für Kinder bis zu 5 Jahren: 187 Euro monatlich,
  • für Kinder von 6 Jahren bis 11 Jahren: 252 Euro monatlich,
  • für Kinder von 12 Jahren bis 17 Jahren: 338 Euro monatlich.

Der Unterhaltsvorschuss wird vom Jugendamt gezahlt. Der alleinerziehende Elternteil muss einen Antrag auf Unterhaltsvorschuss stellen.

Ausnahmen von den Einkommensgrenzen

Die Einkommensgrenzen für den alleinerziehenden Elternteil gelten nicht, wenn:

  • der andere Elternteil nicht leistungsfähig ist,
  • der andere Elternteil sich im Ausland aufhält,
  • der andere Elternteil unbekannt ist,
  • der andere Elternteil verstorben ist.

Rückzahlung des Unterhaltsvorschusses

Der Unterhaltsvorschuss ist ein Vorschuss auf den Kindesunterhalt. Der andere Elternteil ist verpflichtet, den Unterhaltsvorschuss zurückzuzahlen. Die Rückzahlung erfolgt in der Regel in Raten.

Wann wird der Unterhaltsvorschuss gezahlt?

Unterhaltsvorschuss wird immer im Voraus für den nächsten Monat gezahlt. Das bedeutet, dass die Zahlungen durch die Jugendämter bereits Ende des laufenden Monats für den Folgemonat getätigt werden.

Beispiel:

Am 31. August wird der Unterhaltsvorschuss für den Monat September ausgezahlt.

Am 30. September wird der Unterhaltsvorschuss für den Monat Oktober ausgezahlt.

Es gibt keine festen Auszahlungstermine, der Unterhaltsvorschuss kann vom ersten Tag eines Monats bis zum letzten auf dem Konto eingehen. Es muss sich allerdings um einen Bankarbeitstag, also Werktag, handeln.

Rückwirkend kann die Unterhaltsvorschussleistung einmalig für den Monat vor dem Eingang deines Antrags beim Jugendamt gezahlt werden.

Der Unterhaltsvorschuss wird bis zum 18. Geburtstag des Kindes gezahlt. Ab dem 12. Geburtstag des Kindes gilt jedoch die Voraussetzung, dass der beantragende Elternteil über ein Mindesteinkommen von 600 Euro verfügen muss.

Der Unterhaltsvorschuss muss nicht zurückgezahlt werden, wenn der beantragende Elternteil nicht leistungsfähig ist. Das ist der Fall, wenn sein Einkommen unter dem Selbstbehalt liegt, der für den Unterhaltsvorschussanspruch relevant ist. Der Selbstbehalt für Alleinerziehende mit einem Kind beträgt im Jahr 2023 1.150 Euro.

Unterhaltsvorschuss und Bürgergeld

Der Unterhaltsvorschuss geht dem Bürgergeld vor. Wird für das Kind Unterhaltsvorschuss gezahlt, so hat es keinen Anspruch auf Bürgergeld. Das gilt für den Regelbedarf. Eventuelle Mehrbedarfe können geltend gemacht werden, auch Leistungen für die Bildung und Teilhabe.

Siehe hier zum Verhältnis Unterhaltsvorschuss und Bürgergeld

Zusammenfassung zum Unterhaltsvorschuss

Das Wichtigste zum Schluss kurz zusammengefasst:

Unterhaltsvorschuss ist eine staatliche Leistung, die dazu dient, die finanzielle Lebensgrundlage von Kindern von Alleinerziehenden zu sichern.

Anspruch auf Unterhaltsvorschuss haben Kinder, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben und keinen oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil erhalten.

Der alleinerziehende Elternteil muss einen Antrag auf Unterhaltsvorschuss stellen.

Die Kindesmutter muss an der Ermittlung des Vaters mitwirken und dazu alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen, damit seine Identität festgestellt werden kann.

Unterhaltsvorschuss geht dem Bürgergeld vor.