Bürgergeld: Antrag und Mitwirkung per E-Mail – Risiko vorhanden, E-Mail-Urteil!

Ein Bürgergeld Antrag oder eine Mitwirkungshandlung und das Übersenden von unterlagen an das Jobcenter können per E-Mail erfolgen. Risiko und Problem: Die E-Mail muss dem Jobcenter zugehen. Und den E-Mail-Eingang muss der Antragsteller in der Regel beweisen! Lesen Sie die Einzelheiten zum neusten E-Mail-Urteil!

Bürgergeld per E-Mail beantragen hat Risoko - E-Mail-Urteil
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Bürgergeld, Grundsicherung im Alter, jede Sozialleistung, die Rente – alles kann rechtswirksam und fristwahrend per Email beantragt werden. Wichtig ist, dass die Email das Amt, das Jobcenter, die Deutsche Rentenversicherung auch tatsächlich erreicht. Das Stichwort lautet: Zugang. Geht es um einen Antrag auf Bürgergeld, insbesondere um die Rechtzeitigkeit, so muss die E-Mail dem Jobcenter zugehen. Hierzu gibt es schon einige Gerichtsurteile. 

Aktuell hat das Landessozialgericht Sachsen unter dem Az. L 3 AS 1050/19 sich mit der Rechtslage noch einmal befasst. Es geht um die Frage, ob ein Antrag oder eine Mitwirkung per E-Mail möglich ist, und wer den Eingang der E-Mail beim Jobcenter beweisen muss.

Wir stellen das E-Mail-Urteil in unserem Beitrag vor und weisen auf die Risiken einer Antragstellung per E-Mail hin.

Bürgergeld: Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens

Sollte man Bürgergeld per E-Mail beantragen oder Unterlagen per E-Mail ans Jobcenter senden?

Es ist zulässig, den Bürgergeld Antrag per E-Mail zu stellen und Unterlagen per E-Mail an das Jobcenter zu senden. Aber das birgt ein Risiko. Der Antragsteller bzw. Bürgergeld Bezieher muss beweisen, dass die E-Mail beim Jobcenter angekommen ist!

Das Landessozialgericht statuierte zunächst, dass eine Übermittlung von Unterlagen per E-Mail nicht ausgeschlossen ist. Es stellte fest, dass das Jobcenter entsprechend § 36a Abs. 1 SGB I einen Zugang für die Kommunikation per E-Mail eröffnet habe. Außerdem stellte das Gericht klar, dass es keine Vorschrift gibt, die für die Übermittlung der Unterlagen eine bestimmte Form vorschreibt.

Fazit: Es gilt der allgemeine Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens. Hierzu gibt es weitere höchstrichterliche Urteile, insbesondere vom Bundessozialgericht ein Urteil vom 11. Juli 2019 – B 14 AS 51/18 R.

Es ist also ohne weiteres zulässig, Bürgergeld per E-Mail zu beantragen oder Unterlagen per E-Mail an das Jobcenter zu verschicken.

Nachweis des Zugangs einer E-Mail beim Jobcenter erforderlich

Wird ein Antrag per Email gestellt oder werden Unterlagen per Email an die Behörde, an das Jobcenter übersandt, so müsse diese Email dort allerdings auch eingehen, dem Jobcenter zugehen. Den Beweis hierzu  muss der Leistungsbezieher bzw. Antragsteller führen.

Das Landessozialgericht Sachsen führt hinsichtlich des Nachweises aus:  Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), der auf Erklärungen gegenüber einer Behörde gemäß § 130 Abs. 3 BGB Anwendung findet, wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Ob eine empfangsbedürftige Willenserklärung zugegangen ist, hat das Gericht im Einzelfall nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden, weil es sich um eine Frage der Beweiswürdigung handelt (vgl. § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG; BSG, Urteil vom 29. Januar 1990 – 5 BJ 361/89).

Wichtig, so das Gericht:  Diese Grundsätze gelten auch für den Eingang einer E-Mail.

Was setzt der Zugang einer E-Mail voraus?

Der Zugang einer E-Mail setze voraus, so das Gericht,  dass die Email auf dem E-Mail-Server des Empfängers oder des Providers eingegangen. Eingegangen bedeutete, sie müsse dort abrufbar gespeichert sein. Hierzu verweist das Landessozialgericht auf das oben angegebenen Urteil des Bundessozialgerichts.

Übermittlungs-, Eingangs- oder Lesebestätigungen würden einen Anscheinsbeweis für den Zugang der E-Mail begründen.

Im zu entscheidenden Fall sei so ein Anscheinsbeweis für den Zugang der Email allerdings nicht gegeben. Die Kläger hätten keine Übermittlungs-, Eingangs- oder Lesebestätigung für die fragliche E-Mail mit den Unterlagen, die dem Jobcenter einzureichen waren, vorgelegt.

 Zwar hätten die Kläger einen Ausdruck der E-Mail vorgelegt. Aus diesem würde aber nicht hervorgehen, ob die Email überhaupt abgesendet worden sei.

Absenden der E-Mail ist kein Beweis für den Zugang der E-Mail beim Empfänger

Das Gericht urteilte jedoch weiter, dass unabhängig davon der Nachweis des Absendens einer E-Mail keinen Anscheinsbeweis für den Zugang der Email liefere.

Die Versendung einer E-Mail biete keine Gewähr dafür, dass die Nachricht den Empfänger auch wirklich erreicht habe.

E-Mail und Fax nicht vergleichbar

Das Landessozialgericht urteilt weiter, dass es nicht entscheidungserheblich sei, ob die zu dem Sendevermerk bei Faxgeräten entwickelte Rechtsprechung, dass der Empfänger bei Vorlage eines sogenannten “OK-Vermerks” nachweisen muss, dass das Eingangsjournal keinen entsprechenden Eingang aufweist, zu übertragen ist. Oder ob  oder eine Beweislastumkehr wegen Beweisvereitlung zu prüfen ist.

Aufgrund der begrenzten Speicherkapazität der Server und der üblichen regelmäßigen Bereinigung der E-Mail-Postfächer und der zur Verfügung stehenden Mittel der Übermittlungs- oder Lesebestätigung kann ein entsprechender Nachweis nur in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang zu dem behaupteten Versand der E-Mail gefordert werden.

Im vorliegenden Fall hätten die Kläger jedoch erstmalig im Klageverfahren und damit mehr als neun Monate nach der behaupteten Versendung der E-Mail vorgetragen, eine entsprechende E-Mail versandt zu haben. Im Widerspruchsverfahren hätten sie dagegen weder den Ausdruck vorgelegt noch überhaupt die Übermittlung per E-Mail behauptet.

Sachverhalt zum E-Mail-Urteil

Dem Urteil des Landessozialgerichts lag folgender Sachverhalt zugrunde, den wir verkürzt wiedergeben. Die Kläger hatte beim zuständigen Jobcenter Leistungen beantragt. Damals hießen sie noch nicht Bürgergeld. Das Jobcenter verlangte Unterlagen zum Nachweis des Einkommens. Das Jobcenter hatte zudem angekündigt, dass es dann, wenn die Leistungsbezieher die Unterlagen nicht vollständig oder nicht fristgemäß einreichen würden und somit ihrer Nachweispflicht nicht nachkämen, es feststellen werde, dass ein Leistungsanspruch nicht bestanden habe und dass es die vorläufig bewilligten Leistungen vollumfänglich zurückverlangen werde.

Die Kläger hatten erklärt, alle Unterlagen per Email rechtzeitig eingereicht zu haben. Das Jobcenter erklärte, es sei keine entsprechende Email bei ihm eingegangen und forderte die Leistungen zurück. Hiergegen hatten die Kläger Klage beim Sozialgericht und anschließend aufgrund der Klageabweisung Berufung beim Landessozialgericht eingereicht.

Zusammenfassung zu Bürgergeld Antrag und Mitwirkung per E-Mail (E-Mail-Urteil)

Das Wichtigste zum Schluss kurz zusammengefasst:

  • Im Verwaltungsverfahren darf ein Antrag per E-Mail gestellt werden, es dürfen Unterlagen per E-Mail an die Behörde versandt werden.
  • Der Antragsteller muss jedoch im Streitfall nachweisen, dass die Email beim Jobcenter tatsächlich eingegangen ist; er muss den Zugang der E-Mail beweisen.
  • Ein Ausdruck der E-Mail reicht nicht als Beweis des Zugangs bei der Behörde aus.

Quelle

Landessozialgericht Sachsen