Bürgergeld im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag

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Nachdem der Bundestag das Bürgergeld-Gesetz verabschiedet hatte, hat der Bundesrat in seiner Sitzung vom 14.11.2022 seine Zustimmung verweigert. Ohne diese kann das Gesetz nicht in Kraft treten. Wie geht es nun weiter mit dem Bürgergeld?

Im Bundestag haben die Parteien, die die Bundesregierung bilden, die Mehrheit. Im Bundesrat – das ist die Vertretung der Bundesländer bei der Bundesgesetzgebung – haben die Länder, an deren Regierung die CDU oder CSU beteiligt ist, die Mehrheit.

Regierung und CDU/CSU haben unterschiedliche Ansichten zum Bürgergeld.

Sind sich Bundesrat und Bundestag nicht einig, so steht der Vermittlungsausschuss zur Verfügung. Hier soll nun auch für das Bürgergeld ein Kompromiss gefunden werden.

Wie geht es mit dem Bürgergeld weiter?

Der Bundesarbeitsminister hatte es bei seiner Rede vor der Abstimmung zum Bürgergeld im Bundesrat schon kommen sehen: dass es an einer Mehrheit für das Gesetzesvorhaben fehlen könnte. Für diesen Fall hatte er angekündigt, die Bundesregierung werde “noch am heutigen Tag den Vermittlungsausschuss anrufen”. Die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch die Bundesregierung ist erfolgt.

Der Vermittlungsausschuss wird am Mittwoch, den 23. November 2022 zusammenkommen, und zwar um 19.00 Uhr mit folgender Tagesordnung:

1. Konstituierung des Vermittlungsausschusses

2. Wahl der Vorsitzenden

3. Freigabe der Protokolle des Vermittlungsausschusses aus der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages

4. Zwölftes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – Einführung eines Bürgergeldes (Bürgergeld-Gesetz)

BT-Drs. 20/3873Gesetzentwurf der Bundesregierung
BT-Drs. 20/4226Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung
BT-Drs. 20/4360Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales
BT-Drs. 20/4372Bericht des Haushaltsausschusses
BR-Drs. 574/22Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages
BR-Drs. 574/22 (Beschluss)Versagung der Zustimmung durch den Bundesrat
BT-Drs. 20/4467
BR-Drs. 587/22
Anrufung des Vermittlungsausschusses durch die Bundesregierung

5. Verschiedenes

Zwischen Ablehnung im Bundesrat und Zusammentreten des Vermittlungsausschusses müssen 5 Tage liegen. Würde schnell ein Kompromiss gefunden, so könnte das Bürgergeld in abgeänderter Form bei der nächsten Bundesratssitzung am 25. November beschlossen werden. So wünscht es sich der Bundesarbeitsminister. Danach müssen Bundestag und Bundesrat erneut darüber abstimmen.

Würde der Vermittlungsausschuss längere Zeit brauchen, etwa bis in den Dezember hinein, so könnte das Bürgergeld-Gesetz nicht bis zum 1. Januar 2023 in Kraft treten, da für das Wirksamwerden eines Gesetzes weitere – formale – Schritte erforderlich sind.

Doch schauen wir einmal etwas genauer hin, wie es mit dem Bürgergeld weitergehen könnte.

Aufgabe des Vermittlungsausschusses

Sagt der Bundestag zu einem Gesetz ja, der Bundesrat nein, dann wird der Vermittlungsausschuss tätig, wenn dies eine der Beteiligten Parteien beantragt, ihn also „anruft“. Der Vermittlungsausschuss soll – wie sein Name sagt – zwischen den Standpunkten von Bundestag und Bundesrat vermitteln, einen Kompromiss finden, damit das vom Bundestag beschlossene Gesetz doch noch in Kraft treten kann – wenn auch in abgeänderter Form.

Mitglieder des Vermittlungsausschusses

Der Vermittlungsausschuss hat 32 Mitglieder. Bund und Länder stellen jeweils die Hälfte der Mitglieder. Im Bundesrat, der Vertretung der Länder im Bundesgesetzgebungsverfahren, sind 16 Länder vertreten. Jedes dieser Länder benennt ein Mitglied für den Vermittlungsausschuss.

Die 16 Mitglieder des Bundestags spiegeln die Fraktionsstärke im Bundestag wieder. Die SPD stellt 4 Sitze, die CDU/CSU ebenfalls, die Grünen stellen 3 Mitglieder im Vermittlungsausschuss, die FDP hat 2 Mitglieder, die AfD ebenfalls. Die Linkspartei hat einen Sitz im Vermittlungsausschuss.

In der gegenwärtigen Wahlperiode des Bundestages ist der Vermittlungsausschuss noch nicht zusammengetreten. Er muss sich also zunächst konstituieren. Dann wird seine Zusammensetzung bis zum Ende der Wahlperiode gleich bleiben.

Anrufung des Vermittlungsausschuss

Der Vermittlungsausschuss wird nur auf Antrag tätig. In der Fachsprache heißt das, er muss angerufen werden. Den Vermittlungsausschuss anrufen kann der Bundesrat, der Bundestag oder der Bundesregierung zu einem bestimmten Gesetzesvorhaben. Der Vermittlungsausschuss kann also nicht von sich aus tätig werden.

Der Bundesrat hat bei jedem Gesetz, mit dem er nicht einverstanden ist, die Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen, also auch bei Gesetzen, bei denen er nicht zustimmen muss, damit diese wirksam werden. Dar Bundestag und die Bundesregierung können hingegen den Vermittlungsausschuss nur anrufen, wenn der Bundesrat zu einem Gesetz „nein“ sagt, das zu seiner Wirksamkeit der ausdrücklichen Zustimmung des Bundesrats bedarf. So ist es beim Bürgergeld-Gesetz.

Innerhalb welcher Frist muss der Vermittlungsausschuss angerufen werden?

Der Bundesrat muss den Vermittlungsausschuss innerhalb drei Wochen anrufen, wenn es um ein Gesetz geht, dass der Bundestag beschlossen hat, und zu dem der Bundesrat nein gesagt hat. Es handelt sich hierbei in aller Regel um nicht zustimmungspflichtige Gesetze. Denn zustimmungspflichtigen Gesetzen kann der Bundesrat bereits allein durch seine Zustimmungsverweigerung aufhalten. Der Bundestag und die Bundesregierung müssen sich an keine gesetzlichen Fristen bei der Anrufung des Vermittlungsausschusses halten, da es diese für sie nicht gibt.  Aber beide haben in der Regel ein Interesse an einem baldigen Zusammentreten des Vermittlungsausschusses, da sie ihr Gesetzesvorhaben ja so rasch wie möglich verwirklicht sehen möchten. So ist es auch beim Bürgergeld-Gesetz.

Verfahren im Vermittlungsausschusses

Der Vermittlungsausschuss tagt in Berlin im Gebäude des Bundesrates, und zwar hinter verschlossenen Türen. Die Öffentlichkeit ist ausgeschlossen. An den Sitzungen des Vermittlungsausschusses dürfen nur dessen Mitglieder, Mitglieder der Bundesregierung, der Geschäftsführer, Mitarbeitende der Geschäftsstelle und zwei Personen des Stenografischen Dienstes teilnehmen. Es gilt also der Grundsatz der strengen Vertraulichkeit.

Der oder die Vorsitzende des Vermittlungsausschusses bestimmt, wann der Vermittlungsausschuss zusammentritt. Wie oben dargestellt muss der Vermittlungsausschuss zuvor angerufen worden sein. Der Vermittlungsausschuss darf frühestens fünf Tage, nachdem eine Anrufung erfolgt ist, zusammentreten. Bis wann ein Vermittlungsverfahren abgeschlossen sein muss, ist nicht vorgeschrieben. Es kann also lange dauern.  Im Fall des Bürgergeld-Gesetzes wünscht sich der Bundesarbeitsminister einen Verfahrensabschluss bis Ende November 2022.

Wenn der Vermittlungsausschuss eine Einigungsempfehlung beschließt,  müssen über diesen Kompromissvorschlag erneut der Bundestag und der Bundesrat abstimmen. Lehnt eines der beiden Gesetzgebungsgremien die Beschlussvorlage ab, so ist das Vermittlungsverfahren gescheitert.  Beim Bürgergeld ist eine kurzfristige Einigung wahrscheinlich, da sich die Regierung kompromissbereit zeigte.

Fazit zum Bürgergeld im Vermittlungsausschuss

Das Bürgergeld-Gesetz wird im Vermittlungsausschuss erneut durchleuchtet. Ein Kompromiss wird einige Teile der Gesetzesvorlage neu gestalten. An der Höhe der beabsichtigten Erhöhung der Regelsätze wird sich dabei aller Voraussicht nach nichts ändern.

Update:

Der Vermittlungsausschuss hat sich am Abend des 23.11.2022 für feinen Kompromiss ausgesprochen. Dieser war zuvor zwischen Bundesregierung und Union ausgehandelt worden. Damit ist der Weg für das Bürgergeld frei und es kann, nach dem sich Bundestag und Bundesrat erneut mit der nunmehr abgeändertern Gesetzesvorlage befasst haben, am 1. Januar 2023 in Kraft treten.