Ist ein Bezieher von Bürgergeld mit dem Bürgergeld Bescheid oder dem Änderungsbescheid des Jobcenters nicht zufrieden, kann er einen Überprüfungsantrag stellen. Das Jobcenter muss daraufhin einen Überprüfungsbescheid erlassen. Reagiert das Jobcenter nicht, so kann der Antragsteller eine Untätigkeitsklage beim Sozialgericht erheben. Das ist der wesentliche Inhalt des Urteils des Landessozialgerichts Sachsen. Zu den Einzelheiten lesen Sie nachfolgenden Beitrag.
Überprüfungsantrag jederzeit zulässig
Das sächsische Landessozialgericht urteilte, dass auf einen Überprüfungsantrag des Bürgergeld Beziehers hin das Jobcenter immer einen Bescheid erlassen muss.
Ein Überprüfungsantrag kann jederzeit gestellt werden, unabhängig davon, ob die Widerspruchsfrist des ursprünglichen Bescheids schon verstrichen ist oder nicht.
Das Jobcenter muss einen Überprüfungsantrag bescheiden, also einen offiziellen Bescheid hierzu erlassen.
Tut es das nicht, kann der Bürgergeld Bezieher Untätigkeitsklage erheben.
Sächsisches Landessozialgericht urteilte gegen das Jobcenter
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde.
Das Jobcenter hatte gegenüber dem Bürgergeld Bezieher zwei Bescheide erlassen. Mit dem einen hob sie die Bewilligung von Arbeitslosengeld auf. Mit dem zweiten machte sie eine Erstattungsforderung geltend.
Dagegen betrieb der Bürgergeld Bezieher zunächst ein Klageverfahren und nachfolgend eine Nichtzulassungsbeschwerde. Später erhob der Bürgergeld Bezieher erfolglos eine Wiederaufnahmeklage. Das Berufungsverfahren hierzu ist noch nicht abgeschlossen.
Mit Mahnschreiben forderte das Jobcenter den Bürgergeld Bezieher zur Zahlung einer Forderung auf und setzte zugleich eine Mahngebühr fest. Auf den Widerspruch Bürgergeld Beziehers hob das Jobcenter die Entscheidung über die Festsetzung der Mahngebühr auf. Damit sei den Widerspruch in vollem Umfange entsprochen worden.
Das Jobcenter erließ später ein neues Mahnschreiben, dass dem früheren entsprach.
Der Bürgergeld Bezieher stellte daraufhin einen Überprüfungsantrag zum neuen Mahnschreiben “wegen ihrer Rechtsverletzung hemmender Wirkung”. Zugleich forderte er das Jobcenter auf, “diese Mahnung und die Mahngebühr zurückzunehmen.”
Das Jobcenter richtete danach an den Bürgergeld Bezieher eine Zahlungsaufforderung. Er habe aufgrund der Abweisung der Nichtzulassungsbeschwerde die Summe zu zahlen.
Danach stellte der Bürgergeld Bezieher einen weiteren Überprüfungsantrag zu dem Mahnschreiben. Ergänzend trug er vor, dass die Mahnung auch inhaltlich unsachlich rechtswidrig sei, “wenn laufende Verfahren in der Wahrheitsfindung bis final aktiv sind.”
Das Jobcenter verwies mit einfachem Schreiben auf seinen Abhilfebescheid. Diesem Schreiben war ein Ausdruck des Abhilfebescheides beigefügt.
Urteil des Landessozialgerichts zum Abänderungsantrag
Das Landessozialgericht Sachsen urteilte wie folgt:
1. Einen Antrag „sachlich bescheiden bedeutet nicht, dass einem Antrag stattgegeben werden muss, wohl aber dass in der Sache eine Entscheidung getroffen wird und sei es, dass der Antrag als unzulässig abgelehnt wird
2. Ein behördliches Schreiben, in dem lediglich auf einen früheren Bescheid verwiesen wird, ist keine Bescheidung eines Überprüfungsantrages.
3. Für eine Untätigkeitsklage ist es grundsätzlich unerheblich, ob der Kläger einen Anspruch in der Sache selbst hat oder ob der beantragte Bescheid materiell-rechtliche Auswirkungen für ihn hat. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, steht es dem Kläger grundsätzlich frei, eine Bescheidung zu verlangen.
Eine Bescheidung des Überprüfungsantrages des Bürgergeld Beziehers sei nicht im Schreiben des Jobcenters zu sehen. Denn es handele sich bei diesem Schreiben nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X. Danach sei ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Das Schreiben des Jobcenters sei kein Verwaltungsakt in diesem Sinne, und zwar weder in formeller noch in inhaltlicher Hinsicht. Das Schreiben sei weder als Bescheid noch in sonstiger Weise als Verwaltungsakt gekennzeichnet gewesen noch enthielte es die nach § 66 Abs. 1 SGG erforderliche und in der Praxis übliche Rechtsbehelfsbelehrung. Auch inhaltlich sei nicht über den Überprüfungsantrag entschieden worden. Es sei lediglich auf einen früheren Bescheid mit einer Entscheidung über die Aufhebung einer in dem Mahnschreiben enthaltenen Festsetzung einer Mahngebühr verwiesen worden.
Quelle
Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 27.11.2023 , Az: L 3 AL 35/23
Hartmut Dreier ist ein Vollblutjournalist mit sozialem Herz. Er engagiert sich seit Jahren in unserem Online-Magazin. Er hat Kommunikationswissenschaft und Journalismus studiert. Gebürtig stammt er aus Bayern, arbeitete in Berlin und Frankfurt a. M. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie gut recherchiert und für die Menschen geschrieben sind.