Wer kennt es nicht? Seit Jahren müssen gesetzlich krankenversicherte Menschen bei der Vorlage von Rezepten in Apotheken, Krankentransporten und Krankenhausaufenthalten eine finanzielle Eigenleistung erbringen. Die Regelungen zur Zuzahlung gelten für nahezu alle Leistungen, die von der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden.
Die Obergrenze für geleistete Zuzahlungen – auch bekannt als Belastungsgrenze – beträgt lediglich 2 % des jährlichen Bruttoeinkommens. Sobald diese Grenze erreicht ist, besteht die Möglichkeit, sich von weiteren Zuzahlungen zu befreien.
Auch wenn man Bürgergeld bezieht, bleibt man nicht gänzlich von der Zuzahlungspflicht verschont. Allerdings gibt es im Rahmen des Bürgergeldes Wege, um die Zuzahlung zu minimieren.
Für Kinder bis zum 18. Lebensjahr müssen keine Zuzahlungen geleistet werden.
Wie hoch sind die Belastungsgrenzen der gesetzlichen Zuzahlung
Grundsätzlich beträgt die Belastungsgrenze bzw. die Höchstgrenze der Zuzahlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung 2 Prozent des jährlichen Brutto-Einkommens.
Ausnahmen gibt es bei der Dauerbehandlung wegen derselben schwerwiegenden Krankheit, also bei einer chronischen Erkrankung oder wenn man an einem strukturierten Behandlungsprogramm teilnimmt. Dann liegt die Belastungsgrenze bei 1 Prozent des Einkommens.
Müssen auch Bezieher von Bürgergeld Zuzahlungen leisten?
Für Bezieher von Bürgergeld gilt grundsätzlich nichts anderes als für alle anderen gesetzlich krankenversicherte Personen. Auch sie müssen 2 Prozent des jährlichen Einkommens als Zuzahlungen leisten. Das ist die Belastungsgrenze.
Im Rahmen des Bürgergeldes gibt es jedoch eine Besonderheit für die Berechnung der Belastungsgrenze: Berechnungsgrundlage für die Ermittlung der Zuzahlungsgrenze ausschließlich der Regelsatz des Haushaltsvorstandes. Sonstiges Einkommen im Rahmen der Einkommensfreibeträge bleibt also unberücksichtigt, ebenso das Einkommen oder die Regelsätze der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft.
Rechenbeispiel Zuzahlungsbefreiung bei Bürgergeld:
Eine Familie, die Bürgergeld bekommt, muss nur 2 Prozent von 5412 Euro (12 x 451 Euro); Regelsatz des Haushaltsvorstandes), also 108,24 Euro an Zuzahlungen für die Krankenkasse leisten.
Liegt eine chronische Erkrankung vor , so verringert die vorgeschriebene Zuzahlung und liegt bei 1 Prozent von 5412 Euro, also bei 54,12 Euro.
Was passiert, wenn ich die Grenze der Zuzahlungen erreicht habe?
Wenn man die Grenze der Zuzahlungen erreicht hat, also im laufenden Kalenderjahr eine Summe entsprechend der Zuzahlungsverpflichtung geleistet hat, so passiert…. nichts, jedenfalls nicht von alleine, nicht automatisch.
Man muss selbst tätig werden und einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Zuzahlungspflicht für das laufende Kalenderjahr beantragen. Das gilt auch für Bezieher von Bürgergeld
Wie und wo beantrage ich beim Bürgergeld die Befreiung von den gesetzlichen Zuzahlungen?
Um eine Befreiung von den gesetzlichen Zuzahlungen zu beantragen, ist das Ausfüllen eines Formulars notwendig.
Die Befreiung von der Zuzahlung beantragt man bei seiner gesetzlichen Krankenkasse. Zuständig ist also trotz Bürgergeld-Bezugs nicht das Jobcenter.
Das Antragsformular kann man sich per Post zusenden lassen. Viele gesetzlichen Krankenversicherungen stellen das Formular auch online zum Download zur Verfügung.
Dem Antrag auf Zuzahlungsbefreiung muss der Bürgergeld-Bescheid des Jobcenters beigefügt werden, damit die Krankenkasse die Belastungsgrenze ermitteln kann. Außerdem muss ein Nachweis darüber erbracht werden, dass man die Zuzahlungen bis zur Zuzahlungsgrenze bereits geleistet hat.
Nach Prüfung durch die Krankenkasse erhält man einen Bescheid, dass man von Zuzahlungen für das entsprechende Kalenderjahr befreit ist. Außerdem erhält man einen kleinen Befreiungsausweis im Scheckkartenformat, den man künftig z.B. in Apotheken vorzeigen kann.
Wann kann eine Befreiung von den Zuzahlungen bei der Krankenkasse beantragt werden?
Auch als Bezieher von Bürgergeld hat man zwei Möglichkeiten:
1. Man kann zunächst die Zuzahlungen entrichten, also Quittungen über Zuzahlungen sammeln, diese dann mit dem Antrag bei der Krankenkasse einreichen.
2. Man kann bereits im Voraus, also schon für das kommenden Kalenderjahr, eine Zahlung bis zur Belastungsgrenze an die Krankenkasse entrichten und die Befreiungskarte erhalten. So spart man sich das lästige Sammeln der Quittungen und Belege. Diesen Weg der Vorauszahlung sollte man wählen, wenn feststeht, dass man Zuzahlungen bis zur Befreiungsgrenze leisten muss. So kann man sich Arbeit ersparen. Man muss natürlich den Zuzahlungsbetrag im Voraus leisten könnn.
Rückwirkende Befreiung von den gesetzlichen Zuzahlungen für Bezieher von Bürgergeld
Hat man mehr an Zuzahlungen geleistet, als der eigenen Belastungsgrenze entspricht, so kann man eine Befreiung beantragen und sich die überzahlten Beträge von der Krankenkasse erstatten lassen. Das ist auch noch für das zurückliegende Jahr möglich.
Checkliste Zuzahlungsbefreiung beantragen bei Bürgergeld
- Zuzahlungsbelege sammeln
- Erreichen der Belastungsgrenze kontrollieren: 2 Prozent oder 1 Prozent (bei schwerwiegend chronischer Erkrankung) des Regelsatzes des Haushaltsvorstandes / des Versicherten
- Zuzahlungsbefreiung bei der Krankenkasse beantragen
- Befreiungsausweis erhalten
Alternative: Wer keine Zuzahlungsbelege sammeln will:
- Zuzahlungsbefreiung als Vorauszahlung bei der Krankenkasse beantragen
- Vorauszahlungsbetrag an die Krankenkasse leisten
- Befreiungsausweis erhalten
Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.