Bürgergeld gibt es seit mehr als einem Jahr. Und dennoch kursieren immer noch sehr viele falsche Annahmen und Irrtümer in den Gedanken der Menschen, die sich oft auf falsche Meldungen und Berichte in den sozialen Medien oder generell im Internet gründen und dann weitergetragen werden.
Haben Bezieher von Bürgergeld wirklich mehr Geld zur Verfügung als Arbeitnehmer? Lohnt es sich nicht mehr zu arbeiten, da es Bürgergeld gibt?
Wir haben uns umgesehen und umgehört, die 7 größten Irrtümer zusammengetragen und korrigiert.
Arbeit lohnt sich nicht dank Bürgergeld
Viele Irrtümer beim Bürgergeld! Wir stellen die häufigsten richtig.
Die Ansicht, Arbeit lohnt sich nicht, weil es das Bürgergeld gibt, ist wohl der größte Irrtum im Zusammenhang mit dem Bürgergeld. Es ist mehrfach nachgewiesen und vorgerechnet worden, dass derjenige, der arbeitet, in jedem Fall mehr Geld zur Verfügung hat, als derjenige, der Bürgergeld bezieht. Das gilt auch dann, wenn die Entlohnung auf Mindestlohnniveau erfolgt. Der Mindestlohn beträgt derzeit monatlich 12,41 Euro. Nachgerechnet hat beispielsweise das Ifo-Institut. Der Lohnabstand zwischen Bürgergeld und Mindestlohn ist gewahrt. Siehe hier:
Menschen kündigen ihre Arbeitsstelle und wollen in den Bürgergeld Bezug
Es ist falsch, dass Menschen ihre Arbeitsstelle kündigen um in den Bürgergeld Bezug zu gelangen. Das zeigen Statistiken der Bundesagentur für Arbeit vom Dezember 2023. Das Gegenteil ist der Fall. Seit Einführung des Bürgergeldes sind viel weniger Menschen vom Job ins Bürgergeld umgestiegen als zu Hartz IV Zeiten. Außerdem: Wer seinen Job kündigt um Sozialleistungen oder Arbeitslosengeld zu erhalten, wird mit einer Sperrzeit von der Bundesagentur für Arbeit belegt. Im Bereich des Bürgergeldes hätte er mit Leistungsminderungen zu rechnen.
Wer Bürgergeld bezieht ist faul
Ein riesiges Vorurteil ist die Behauptung, Bürgergeld Bezieher seien faul. Zu dieser Behauptung lässt sich folgendes sagen: Etwa 5,5 Millionen Menschen beziehen Bürgergeld. Darunter sind 1,5 Millionen Kinder unter 15 Jahren. Nur 4 Millionen der Bürgergeld Bezieher sind erwerbsfähig.
- 20 Prozent dieser 4 Millionen (800.000) sind erwerbstätig, erhalten das Bürgergeld nur aufstockend, zusätzlich zu ihrem Gehalt
- 40 Prozent dieser 4 Millionen (1,6 Millionen) sind arbeitsuchend
- 40 Prozent dieser 4 Millionen (1,6 Millionen= absolvieren arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, betreuen Kinder, machen eine Weiterbildung oder stehen aus sonstigen Gründen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung.
Nur eine verschwindend geringe Prozentzahl verweigert tatsächlich eine zumutbare Arbeit.
Das Bürgergeld kennt keine Sanktionen
Wer nicht arbeiten will, kann Bürgergeld Beziehen und hat keine Nachteile oder Sanktionen zu erwarten. Diese Aussage ist klar falsch und gehört ebenfalls zu weit verbreiteten Irrtümern im Zusammenhang mit dem Bürgergeld.
Tatsächlich ist es so, dass Bürgergeld Bezieher, die Pflichten nicht erfüllen, eine zumutbare Arbeit nicht annehmen, mit Leistungsminderungen belegt werden können. Es gilt nach wie vor der Grundsatz, dass jeder Leistungsbezieher aktiv daran mitgewirkt muss, so schnell wie möglich ohne das Bürgergeld auszukommen. Siehe auch hier: Totalsanktionen
Bürgergeld gibt es für jeden Bürger
Auch ein Irrtum. Das Bürgergeld ist kein bedingungsloses Grundeinkommen, dass es für jeden Bürger gibt. Es ist an Voraussetzungen gebunden, wovon eine der wichtigsten die Erwerbsfähigkeit ist. Wer das Renteneintrittsalter erreicht hat, kann kein Bürgergeld beanspruchen. Für ihn gibt es andere Sozialleistungen, etwa die Grundsicherung im Alter.
Leistungsberechtigte haben Anspruch auf Urlaub und Urlaubsgeld
Es ist ein Irrtum, dass Bezieher von Bürgergeld einen Anspruch auf Urlaub haben oder sogar auf Urlaubsgeld. Bürgergeld Bezieher müssen immer für das Jobcenter erreichbar sein. Es gibt allerdings Ausnahmen. Bis zu drei Wochen kann die Pflicht zur Erreichbarkeit vom Jobcenter aufgehoben werden. Hierzu ist ein Antrag erforderlich.
Bürgergeld Bezieher dürfen kein Auto haben
Dass Bürgergeld Bezieher kein Auto haben dürfen, ist falsch. Zum Einen kann ein Auto für die Berufsausübung notwendig sein. Zum anderen zählt ein Auto mit einem Wert von nicht mehr als 10.000 Euro zum Schönvermögen.
Quellen
Ifo-Institut – Lohnt sich arbeiten noch?
Eigene Recherche
Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.