Arbeitspflicht für Bürgergeld Bezieher: Effektivität und Kritik

Die Einführung von Arbeitspflichten für Bürgergeld Bezieher wird kontrovers diskutiert.

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Die Diskussion um eine Arbeitspflicht für Bürgergeld Bezieher gewinnt an Fahrt. Während Städte wie Schwerin solche Pflichten einführen wollen, wird die Effektivität dieser Maßnahmen stark in Frage gestellt. Kritiker argumentieren, dass Ein-Euro-Jobs oft als Demütigung empfunden werden und die Ressourcen der Jobcenter belasten. Die Frage bleibt, ob solche Pflichten wirklich zur Integration in den Arbeitsmarkt beitragen oder eher populistisch sind.

Arbeitspflicht auf Basis des 1-Euro-Jobs

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Ist eine flächendeckende Arbeitspflicht für Bürgergeld Bezieher sinnig? Oder ist es eine Verschwendung von Geld und Resourcen, also reiner Populismus?

Der Ein-Euro-Job hatte Hochkonjunktur während der Hartz-IV-Zeit. Aber auch im – durch das Bürgergeld-Gesetz aktualisierten –  SGB II ist die Regelung des Ein-Euro-Jobs noch vorhanden. Konkret handelt es sich um § 16d SGB II. Danach können erwerbsfähige Leistungsberechtigte zum Zweck der  Erhaltung oder Wiedererlangung ihrer Beschäftigungsfähigkeit, die für eine Eingliederung in Arbeit erforderlich ist, Arbeitsgelegenheiten zugewiesen werden. Diese Arbeiten müssen im öffentlichen Interesse liegen und wettbewerbsneutral sein.

Generelle Arbeitspflicht als sinnige Regelung?

Die Ein-Euro-Job Pflichtarbeit scheint eine sinnvolle Regelung zu sein – oder?  Wir, der Verein für Soziales Leben e.V., sehen das anders. Genau wie viele andere Wohlfahrtsverbände und Politiker.

Gegen die Arbeitspflicht mittels Ein-Euro-Job spricht folgendes:

Die meisten Langzeit-Bürgergeld-Bezieher sind motiviert einen regulären Arbeitsplatz zu finden. Sie wollen das so schnell wie möglich.

Diejenigen, die das nicht wollen, sind soziale Problemfälle, sie sind krank, oft psychisch krank.

Laut statistischen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit gibt es gegenwärtig lediglich knapp 16.000 Personen im Bürgergeld Bezug, die Jobs, Ausbildungen oder Maßnahmen verweigern und deshalb Sanktionen zu spüren bekommen.

Eine Arbeitspflicht ist kosten- und arbeitsintensiv für die Jobcenter bzw. dessen Träger.

Arbeitspflicht für Bürgergeld Bezieher in Schwerin

Die Stadt Schwerin will eine Arbeitspflicht einführen im Bereich Bürgergeld. Das bedeutet konkret: Derjenige, der Bürgergeld bezieht, soll eine gemeinnützige Arbeit ausüben.

Eine solche Arbeitspflicht im allgemeinen wird von der FDP gefordert. Wie sie diese umsetzen will, sagt die Partei allerdings nicht.

Ein-Euro-Job für Langzeitarbeitslose überwiegend wirkungslos

Der Ein-Euro-Job wurde 2005 ins SGB II aufgenommen. Studien belegen jedoch, dass er weitgehend wirkungslos ist. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat herausgearbeitet, dass der Erfolg hinsichtlich Vermittlung noch nicht einmal bei 10 Prozent lag

Weiter negativ: die zeitliche und personelle Ressourcen in den Jobcentern  waren nicht vorhanden bzw. fehlten in anderen Bereichen.

2007 wurden mehr als  750.000 Ein-Euro-Job vergeben. Seinerzeit gab es eine Arbeitslosenquote von mehr als 10 Prozent. Vermittlung auf den ersten Arbeitsmarkt war also schwierig.

Ein-Euro-Job als Demütigung

Viele Arbeitslose empfanden seinerzeit und empfinden auch noch heute den Ein-Euro-Job als Bestrafung und Zwangsmaßnahme.

Dass ein Ein-Euro-Job also kontraproduktiv ist, liegt auf der Hand. Gerade wenn es um junge Erwachsene geht, die noch nicht 25 Jahre alt sind. Denn diese Menschen müssen ausgebildet und weitergebildet werden. Dann haben sie eine reale Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt.

Fazit zur Arbeitspflicht durch Ein-Euro-Job

Der Ein-Euro-Job bzw. die Arbeitspflicht für Bürgergeld Bezieher kann nicht flächendeckend eingesetzt werden. Das verschwendet Zeit und Geld der Jobcenter.

In Einzelfällen können diese Arbeitsgelegenheiten allerdings erfolgversprechend sein.

Arbeitspflicht fordern für alle Bürgergeld Bezieher ist rein populistisch. Es reicht, wenn die AfD in dieses Horn bläst, die anderen, demokratischen Parteien täten gut daran, dies zu unterlassen – so unsere Meinung!

Redakteure

  • sm e1691505063752

    Sabine Martholt hat Recht und Journalismus studiert und fundierte Kenntnisse im Bereich des Sozialrechts und des Rentenrechts. Beide Rechtsgebiete sind gleichzeitig ihr Hobby, wie sie gern verrät. Bereits vor ihrem ersten Volontariat bei einer Zeitung hat sie sich dem Schreiben gewidmet. Die Entwicklung des Sozialrechts in Deutschland hat sie mit großer Aufmerksamkeit, manchmal aber auch mit Kopfschütteln verfolgt – wie sie selbst sagt. Sie schreibt seit vielen Jahren für unser Online-Magazin. Gute Recherche und die eigene Meinung – beides ist ihr wichtig.

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  • ik
    Experte:

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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