Bürgergeld bei Haftbefehl? Und bei Haft? Haben Gesuchte und Gefangene Anspruch?

Haben Gefangene Anspruch auf Bürgergeld? Was gilt für per Haftbefehlt gesuchte Personen? Unserer Artikel gibt die Antwort auf diese Fragen.

junge Frau in Gefängniszelle

Bürgergeld ist eine staatliche Leistung der Existenzsicherung. Der Anspruch besteht für alle Personen, die ihren Lebensunterhalt nicht auf andere Weise sicherstellen können. Gilt das aber auch für Menschen, gegen die ein Haftbefehl erlassen worden ist? Und gilt das auch für inhaftierte Personen im Gefängnis? Dies wollte die AfD Fraktion im Bundestag mittels einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung wissen – warum auch immer. Die Bundesregierung hat die Antwort geliefert, die sie in nachfolgendem Artikel nachlesen können.

Bürgergeld nach Erlass eines Haftbefehls?

Hände umfassen Gefängnisgitter
Bildquelle: Canva

Erlischt der Anspruch auf Bürgergeld mit Erlass eines Haftbefehls?

Besteht der Bürgergeldanspruch auch nach Erlass eines Haftbefehls? Oder erlischt er automatisch, sobald ein solcher erlassen worden ist?

Die Bundesregierung erklärt hierzu (s. Bt-DS 20/14630), dass der Erlass eines Haftbefehls gegen eine bürgergeldbeziehende Person nicht unmittelbar zu einem Erlöschen des Anspruchs führe. Der Haftbefehl berühre die Regeln des  SGB II (Zweites Buch Sozialgesetzbuch) nicht. Insbesondere gelten aber auch die Mitwirkungs- und Meldepflichten fort, so die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage.

Das heißt: wenn Personen für das zuständige Jobcenter nicht mehr erreichbar sind, werden sie vom Leistungsbezug entsprechend § 7b SGB II ausgeschlossen. Überspitzt formuliert: Wer sich also trotz Haftbefehls gegen seine Person weiter mit dem Jobcenter um eine Arbeitsstelle bemüht, der erhält weiterhin sein Bürgergeld. Wohlgemerkt: das gilt nur, solange sich die Person noch auf freiem Fuß befindet.

Bürgergeld für Gefangene?

Wer jedoch in Haft ist, und sei es nur in Untersuchungshaft, der hat während der Dauer der Haft keine Anspruch auf Bürgergeld. Das leuchtet sofort ein, denn er steht dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung.

Sind also Personen in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung untergebracht sind, sind sie vom Bürgergeld ausgeschlossen, § 7 Absatz 4 Satz 2 SGB II. Der Leistungsausschluss umfasst jede Art von Haft, insbesondere den Vollzug von Strafhaft, Untersuchungshaft, Maßregeln der Besserung und Sicherung, einstweiliger Unterbringung.

Das Existenzminimum einer inhaftierten Person wird anderweitig sichergestellt, nicht durch das Bürgergeld. Geregelt ist dies in den landesrechtlichen Strafvollzugsgesetzen. Die Justizverwaltungen erbringen Sachleistungen, zahlen Taschengeld und Hausgeld.

Bürgergeld und Sozialhilfe können nicht gewährt werden, da sie nachrangig gegenüber den lebensunterhaltssichernden Leistungen der Justizverwaltung sind, vgl. § 2 SGB XII.

Nicht ausgeschlossen vom Bezug von Bürgergeld sind an sich inhaftierte Personen, die als sogenannte Freigänger einer Erwerbstätigkeit mit einem Umfang von mindestens 15 Wochenstunden nachgehen.

Bürgergeld Ausnahme hinsichtlich der Wohnungskosten

Im  Einzelfall ist es möglich, die Kosten der bis zum Haftantritt bewohnten Unterkunft zur Erhaltung der Wohnung während der Dauer der Haft durch Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach § 67 ff. SGB XII als Darlehen oder als Zuschuss übernommen werden, um größere soziale Schwierigkeiten nach der Haftentlassung zu vermeiden (Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 8 SO 24/12 R). Dies gilt auch für gesondert von der Unterkunft zu zahlende Heiz- und Energiekostenvorauszahlungen an ein Energieversorgungsunternehmen.

Das ist gesetzlich jedoch nur möglich, wenn die Erhaltung der Wohnung wirtschaftlich sinnvoll und vertretbar ist.

Einen Anspruch auf Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten gem. § 67 ff. SGB XII haben dem Grunde nach alle Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten und nicht gemäß § 11 Absatz 1 Nummer 1 des Strafvollzugsgesetzes als Außenbeschäftigte oder Freigänger im Umfang von mindestens 15 Wochenstunden außerhalb der Anstalt erwerbstätig sind. Letztere haben ohnehin grundsätzlich einen Anspruch auf Bürgergeld (s.o.). und damit grundsätzlich bürgergeldberechtigt sind.

Wichtig: Für den Zeitraum, für den die Mietübernahme nach § 67 ff. SGB XII erfolgt, muss Wohngeld als vorrangige Leistung beantragt werden.

Bürgergeld Ausnahme hinsichtlich der Krankenversicherung

Für Gegangene, die vor Haftantritt in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung freiwillig oder pflichtversicherte waren, können bei Vorliegen der Voraussetzungen und einer prognostischen Bedürftigkeit nach dem SGB XII nach Haftentlassung im Rahmen von §§ 67 ff. SGB XII  die Beiträge für eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung übernommen werden. So soll eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung nach der Haft ermöglicht werden.

Quelle

Deutscher Bundestag