Das Bürgergeld Gesetz ist verschärft worden. Wer eine Arbeit ohne Grund ablehnt, dem kann der Bürgergeld Regelsatz für 2 Monate gestrichen werden. Das steht in § SGB II.
Das Bürgergeld-Gesetz wurde kürzlich verschärft. Eine der wichtigsten Änderungen betrifft die Sanktionen bei Arbeitsverweigerung:
- Wer eine zumutbare Arbeit ohne triftigen Grund ablehnt, muss mit einer Kürzung des Bürgergeld Regelsatzes um 30% für drei Monate rechnen.
- In besonders schweren Fällen kann der Regelsatz sogar für zwei Monate komplett gestrichen werden.
Diese Regelungen sind im Sozialgesetzbuch II (SGB II) verankert. Trotz der verschärften Sanktionen gibt es Ausnahmen:
Bürgergeld: Regelsatz für zwei Monate vollständig ausgesetzt
Der Regelsatz kann für 2 Monate gestrichen werden, wenn eine zumutbare Arbeit abgelehnt wird. Was ist bei einem Härtefall? Und: gibt es Schlupflöcher?
§ 31b Abs. 3 SGB II (Bürgergeld Gesetz) sagt, dass eine zweimonatige Streichung des Regelsatzes erfolgen kann, wenn eine zumutbare Arbeit abgelehnt wird. Die Kosten für Miete, Heizung und mögliche Mehrbedarfe werden jedoch weiter vom Jobcenter gezahlt.
Zumutbare Arbeit muss abgelehnt werden
Eine Sanktion in der oben geschilderten Form kann nur erfolgen, wenn eine „zumutbare“ Arbeit abgelehnt wird. Hier, so die BILD-Zeitung, gäbe es Schlupflöcher. Denn der Begriff „zumutbar“ sei gesetzlich nicht definiert. Außerdem seien im Gesetz viele Ausnahmen diesbezüglich vorhanden.
Auch das Bundesministerium für Arbeit hat erklärt, dass es sich bei dem Begriff der Zumutbarkeit „um einen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende etablierten Rechtsbegriff, der durch die Umsetzungshinweise der Bundesagentur für Arbeit hinreichend klar für die Praxis ausgelegt sei“.
Hier setzt auch Kritik ein: nicht die Sanktionen, sondern die Zumutbarkeitskriterien hätten verschärft werden müssen, so verschiedene Meinungen.
Die Zwei-Monats-Totalsanktion kann wiederholt werden
Nach Ablauf der zweimonatigen Sanktion kann die Sanktion erneut ausgesprochen werden, wenn weitere Pflichtverletzungen vorliegen.
CSU will komplette Streichung bei Ablehnung von zumutbarer Arbeit
Der CSU geht das ganze laut Bild-Zeitung nicht weit genug. Der CSU-Arbeitsmarktexperte Stephan Stracke hat zu BILD gesagt: „Wer eine zumutbare Arbeit ohne triftigen Grund ablehnt, zeigt doch selbst, dass er nicht bedürftig ist. Deswegen ist es falsch, den Regelsatz nur für zwei Monate zu streichen, wie es die Ampel tut.“
Härtefallregelung bei Sanktionen
§ 31a Abs. 3 SGB II ist eine Härtefallregelung für Sanktionen vorhanden. Das bedeutet, dass trotz Vorliegens der Voraussetzungen für eine Sanktion dieselbe nicht verhängt werden darf, wenn dadurch ein Härtefall vorliegen würde.
“Eine Leistungsminderung erfolgt nicht, wenn sie im Einzelfall eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.”
Diese Neuregelung ist weiter, als das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil unter dem Az 1 BvL 7/16 gefordert hat. Das Bundesverfassungsgericht hatte entscheiden:
“Von einer Leistungsminderung kann abgesehen werden, wenn dies im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde. Insbesondere kann von einer Minderung abgesehen werden, wenn nach Einschätzung der Behörde die Zwecke des Gesetzes nur erreicht werden können, indem eine Sanktion unterbleibt.”
Kann bedeutet, dass das Jobcenter ein Ermessen hat, die Sanktion bei Vorliegen einer Härte zu verhängen oder nicht.
Nach der neue Gesetzeslage haben Jobcenter kein Ermessen. In § 31 Abs. 3 SGB II steht nichts von „kann“. Dort steht: die Sanktion erfolgt „nicht“, wenn eine außergewöhnliche Härte besteht.
Wann liegt ein Härtefall vor?
Wann ein Härtefall anzunehmen ist, ist in den Entsprechenden fachlichen Weisungen der BA zu §§ 31. 31a 31b SGB II, Rz. 31.41.
Als Beispiele für eine außergewöhnliche Härte sind dort angeführt:
Drohender Verlust des Kontaktes des Betroffenen mit der gemeinsamen Einrichtung oder drohende Obdachlosigkeit (kontraproduktiver Minderungsverlauf), insbesondere bei
- erheblichen psychischen Problemen,
- Erkrankungen, die die Interaktion mit anderen Personen stark einschränken bis unmöglich machen,
Gefährdung der Restschuldbefreiung, da die Raten in der Wohlverhaltensphase im Rahmen der Insolvenz durch fehlende Kompensationsmöglichkeit nicht bedient werden können; diese Folge könnte im Ergebnis die ganze Familie betreffen und weit über den Minderungszeitraum hinauswirken,
Außergewöhnliche Umstände wie familiäre oder gesundheitliche Probleme wie:
- umfangreiche Unterstützung eines nahen Familienangehörigen ohne Pflegestufe und dadurch familiäres oder
- gesellschaftliches Unterdruckgeraten der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person bei Erfüllung gesetzlich vorgesehener Mitwirkungshandlungen,
- enger zeitlicher Zusammenhang eines Vermittlungsvorschlages mit der Nachricht von der schweren Erkrankung eines nahen Angehörigen und daher nicht sorgfältiges Lesen eines Vermittlungsvorschlages.
Außergewöhnliche Ausgangslage, durch die Minderung in zweckgebundene Mehrbedarfe:
▪ Die zusätzlich gewährten Kosten für Schulbücher nach § 21 Absatz 6a würden durch die Minderung nicht mehr ausgezahlt. Die leistungsberechtigte Person könnte sich die Bücher z.B. aufgrund von fehlendem bzw. nur sehr geringem Schonvermögen nicht mehr leisten und das Ausbildungsziel wäre mangels vorhandener Lernmittel gefährdet.
Jobcenter muss alle Umstände des Einzelfalls bei Härtefall berücksichtigen
In den fachlichen Weisungen der BA ist weiter zu lesen:
Auch wenn es sich um eine außergewöhnliche Härte handeln muss, sind die Anforderungen daran nicht zu überspannen. In die Prüfung der außergewöhnlichen Härte ist nicht nur die von der Leistungsminderung betroffene Person, sondern ist jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einzubeziehen.
Sanktionen durch Beratungsangebot aufheben
Das Jobcenter muss eine Sanktion auch dann aufheben, nach einer Mindestdauer von einem Monat, ab dem Zeitpunkt der Pflichterfüllung oder der Erklärung der Bereitschaft zur Pflichterfüllung.