Die Bundesregierung plant Maßnahmen zur Entlastung von Rentnern und Beitragszahlern, um die Doppelbesteuerung zu bekämpfen. Die Neuregelungen sollen den steuerfreien Anteil der Rente erhöhen. Dabei profitieren vor allem Personen eines bestimmten Geburtsjahres am meisten. Gutverdienende mit einer hohen Rente profitieren davon mehr als Normalverdienende.
Das Ergebnis vorweg:
Der Geburtsjahrgang 1975 profitieren am meisten von den Neuerungen. Über einen Zeitraum von 20 Jahren gerechnet beläuft sich der Vorteil auf beeindruckende 12.482 Euro.
Am geringsten wäre die Ersparnis für Personen des Jahrgangs 1960. Gemäß Berechnungen würde ihre Ersparnis innerhalb von zwei Jahrzehnten nur bei mageren 1538 Euro liegen.
Rentner mit einer sehr hohen Rente würden noch mehr davon profitieren. Gutverdienende mit mindestens 40 Beitragsjahren und einem Verdienst über der Beitragsbemessungsgrenze könnten dadurch ganze 23.522 Euro einsparen.”
Was ist die Doppelbesteuerung im Zusammenhang mit der Rente?
Im Zusammenhang mit der Rente bedeutet Doppelbesteuerung, dass eine Person zweimal Steuern zahlen muss – einmal auf die Rentenversicherungsbeiträge während des Arbeitslebens und später erneut auf die ausgezahlte Rente. Diese Praxis wurde jedoch von zwei Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) in München als unzulässig befunden. Nach Ansicht des BFH liegt keine Doppelbesteuerung vor, wenn der steuerfreie Anteil der Rente höher ist als die im Berufsleben geleisteten Beiträge zur Rentenversicherung.
Ampel-Regierung sagt der Doppelbesteuerung den Kampf an
Seit den BFH-Urteilen 2021 hat sich die Ampel-Regierung dem Kampf gegen die Doppelbesteuerung verschrieben. Die erste Maßnahme bestand darin, ab 2023 das frühere Limit für den Abzug von Ausgaben für Altersvorsorge aufzuheben. Das heißt konkret: Ursprünglich hätten Beitragszahler dieses Jahr nur maximal 96 Prozent dieser Ausgaben von ihrer Steuerschuld abziehen dürfen. Erst im Jahr 2025 hätte dann ein vollständiger Abzug von 100 Prozent möglich sein sollen. Doch diese Regelung wurde nunmehr vorgezogen und führte zu einer geringeren Steuerlast für Beitragszahler.
Wachstumschancengesetz soll Rentner entlasten
Die Bundesregierung hat eine weitere Maßnahme ergriffen, um den Anteil der Rentenzahlungen, der versteuert werden muss, bis zum Jahr 2023 auf 83 Prozent anzuheben. In den folgenden Jahren soll dieser Wert jährlich um einen Prozentpunkt steigen und somit im Jahr 2040 die volle Versteuerung von 100 Prozent erreichen. Das Wachstumschancengesetz wird derzeit im Bundestag diskutiert und sieht vor, dass ab dem Jahr 2023 Neu-Rentner nur noch 82,5 Prozent ihrer Rente versteuern müssen. In den kommenden Jahren soll dieser Wert jeweils nur noch um 0,5 Prozentpunkte steigen. Somit werden erst im Jahr 2058 die vollen 100 Prozent der Rentenbezüge steuerpflichtig sein.
Diese Jahrgänge profitieren am meisten von neuen Renten-Steuer-Regeln
Rentenexperte Werner Siepe hat für Ihre Vorsorge berechnet, wer den größten Nutzen aus den neuen Regelungen ziehen würde. Um diese Berechnung durchzuführen, wählte er sieben repräsentative Jahrgänge und ermittelte die Höhe der Steuervorteile.
Tabelle der neuen Renten-Steuer-Regeln
Jahrgang | Rentenbeginn | steuerpfl. Anteil bei Neuregelung | Steuervorteil Standardrentner | Steuervorteil Höchstrentner |
---|---|---|---|---|
1960 | 2025 | 83,5 % | 1.538 EUR | 2.937 EUR |
1965 | 2030 | 86,0 % | 4.537 EUR | 8.339 EUR |
1970 | 2035 | 88,5 % | 8.149 EUR | 15.210 EUR |
1975 | 2040 | 91,0 % | 12.482 EUR | 23.522 EUR |
1980 | 2045 | 93,5 % | 9.952 EUR | 18.819 EUR |
1985 | 2050 | 96,0 % | 6.762 EUR | 12.727 EUR |
1990 | 2055 | 98,5 % | 2.800 EUR | 5.259 EUR |
“kleiner Rechenfehler“
Werner Siepe behauptet, dass bei der Berechnung ein “kleiner Rechenfehler” aufgetreten ist. Laut dem Koalitionsvertrag wird die Rente ab 2060 vollständig besteuert. Jedoch geht Siepe davon aus, dass der steuerpflichtige Anteil der Rentenleistungen ab 2023 um einen halben Prozentpunkt ansteigt. Basierend auf seinen Berechnungen würde daher die Vollbesteuerung bereits im Jahr 2058 eintreten.
Welche Kritik gibt es an der geplanten Neuregelung?
So gut wie alle Gegner der Doppelbesteuerung, einschließlich des ehemaligen Vorsitzenden des Sozialbeirats Franz Ruland, sind dafür, dass die Übergangsphase für eine Neuregelung der Rentenbesteuerung erst im Jahr 2070 endet. Wenn jedoch die volle Besteuerung bereits 2058 beginnt, gibt es immer noch bestimmte jüngere Jahrgänge, die weiterhin von einer Doppelbesteuerung betroffen wären”, erklärt Siepe. Er kritisiert insbesondere den Umstand, dass Rentnerinnen und Rentnern mit einem Rentenbeginn vor dem Jahr 2023 nichts von dieser Neuregelung haben würden. Sollten sie davon ausgehen, dass ihre Rente doppelt besteuert wird, müssten sie dies nachweisen und einen langwierigen Prozess durchlaufen: Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid beim Finanzamt einlegen, Klage beim zuständigen Finanzgericht einreichen und möglicherweise bis zur Revision vor dem Bundesfinanzhof gehen.
Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.