Ein Schwerbehindertenausweis, möglicherweise mit bestimmten Merkzeichen, dient dem Nachteilsausgleich. Er bringt somit Vorteile mit sich, die den Nachteil, der durch die Behinderung besteht, ausgleichen sollen – so weit wie möglich. Einige dieser Vorteile sind etwa: E mehr Urlaub, reservierte Parkplätze, Steuervorteile, vorzeitige Rente.
In unserem Sonderbeitrag erklären wir, was der Schwerbehindertenausweis an Vorteilen mit sich bringt und wie man ihn erhält.
Schwerbehindertenausweis: die Vorteile
Welche Vergünstigungen hat man durch einen Schwerbehindertenausweis? Wie und wo kann man ihn beantragen?
Schwerbehindertenausweis hat die Größe und Form einer Kontokarte und ist aus dem gleichen Material hergestellt. Er dokumentiert eine festgestellte Schwerbehinderung und bietet Nachteilsausgleiche, also Vorteile im Alltagsleben für schwerbehinderte Menschen, ist also sehr nützlich. Ein paar Beispiele seien hier genannt: steuerliche Erleichterungen, einen verbesserten Kündigungsschutz für Arbeitnehmer, kostenlose oder vergünstigte Fahrten mit Bus und Bahn oder ermäßigte Eintrittspreise für Kino, Museum, Schwimmbad und dergleichen. reduzierte Mitgliedsbeiträge in einigen Vereinen. Rechtsgrundlage des Schwerbehindertenausweises finden sich um SGB IX, Sozialgesetzbuch IX.
Wie viele Menschen haben einen Schwerbehindertenausweis?
Die Zahl 8 Millionen steht im Raum. So viele Menschen sind in Besitz eines Schwerbehindertenausweises. Das sind ungefähr 10 Prozent der deutschen Bevölkerung. Nur wenigen ist diese sehr hohe Zahl bekannt. Viele Menschen beantragen jedoch keinen Schwerbehindertenauseis, aus Unkenntnis oder auch aus Scham. Viele verdrängen ihre Behinderung.
Grad der Behinderung (GdB) entscheidet
Welche Vergünstigungen und Vorteile es durch den Schwerbehindertenaus gibt und ob man ihn überhaupt erhält, hängt vom vorliegenden Grad der Behinderung (GdB) ab. Diese wurde früher durch das Versorgungsamt festgestellt, heute ist es das Amt für Schwerbehinderungen. Der Schwerbehindertenausweis fixiert den GdB. Dieser wird in 10er Schritten festgestellt. Gestartet wird bei 20. Maximal kann ein Grad der Behinderung von 100 erreicht werden. Als schwerbehindert gilt man ab einem GdB von 50. Dann und erst dann hat man Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis.
Schwerbehindertenausweis oft befristet
Für den Schwerbehindertenausweis spielt zum einen die Diagnose eine Rolle, etwa Hörschädigung, Lähmung, Diabetes. Zum anderen spielt die Auswirkung der Einschränkung auf das tägliche Leben eine und vor allem – die entscheidende – Rolle für den Grad der Behinderung.
Das Amt für Schwerbehinderung gib den Ausweis normalerweise befristet heraus. Die Frist beträgt einige Jahre, maximal 5 Jahre. Dann muss eine Verlängerung beantragt werden. In Ausnahmefällen wird der Ausweis auch unbefristet ausgestellt, etwa bei einer angeborenen geistigen Behinderung
Schwerbehindertenausweis: Vorteile im Berufsleben
Wer schwerbehindert ist, hat besondere Rechte im Arbeits- und Berufsleben. Zu nennen sind beispielsweise:
- Fünf zusätzliche Urlaubstage pro Jahr (bei einer Fünf-Tage-Woche)
- Keine Pflicht zu Überstunden
- Schwerbehinderten-Pauschbetrag bei Einkommenssteuer. Diese liegt zwischen 384 und 2 840 Euro im Jahr und ist vom Grad der Behinderung abhängig. Sind die Merkzeichen H (hilflos), Bl (blind) oder Tbl (taubblind) im Schwerbehindertenausweis eingetragen, beträgt der Pauschbetrag sogar 7 400 Euro.
- Abschlagsfreie Frührente ist möglich, wenn der Schwerbehindertenausweis zum Zeitpunkt des Renteneintritts gültig oder höchsten drei Monate vorher abgelaufen ist.
- Besonderen Kündigungsschutz
Schwarbehinderung: besonderer Kündigungsschutz
Der Schwerbehindertenausweis bringt bei einer betriebsbedingten Kündigung enorme Vorteile: Arbeitgeber müssen zunächst prüfen, ob sie dem schwerbehinderten weiter beschäftigen könnten. Außerdem muss das zuständige Integrationsamt einer Kündigung zustimmen.
Diesen besonderen Kündigungsschutz hat man ab ohne Schwerbehindertenausweis auch schon ab einem Grad der Behinderung von 30 oder 40. Man muss jedoch bei der Agentur für Arbeit einen Antrag auf Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen stellen.
Mobil dank Schwerbehindertenausweis
Der Schwerbehindertenausweis hilft dabei, mobil zu bleiben. Hat man als Besitzer eines Autos das Merkzeichen aG (außergewöhnlich gehbehindert), muss man weniger oder gar keine Kfz-Steuer zahle. Außerdem darf man auf Behindertenparklätzen parken. Liegen besondere Voraussetzungen vor, darf man sogar im Halteverbot oder in Fußgängerzonen sein Fahrzeug abstellen. Das ist etwa dann möglich, wenn keine anderen Parkplätze frei sind. Wichtig: notwendig hierzu ist ein blauen Parkausweis. Diesen kann man bei der örtlichen Straßenverkehrsbehörde beantragen können. Er ist in ganz Europa (EU) gültig.
Schwerbehindertenausweis: Befreiung von der Kfz-Steuer
Mit dem Schwerbehindertenausweis kann man sich von der Kfz-Steuer komplett oder teilweise befreien lassen – es kommt auf das jeweilige Merkzeichen an, das bewilligt worden ist. Hat man kein Auto, kann man kostenlos oder ermäßigt öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch nehmen. Allerdings muss man das freie Fahren in Bus und Bahn separat beantragen. Wird der Antrag bewilligt, so erhält man ein sogenanntes „Beiblatt“ zum Schwerbehindertenausweis im Format einer Girokarte. Diesem Beiblatt muss eine Wertmarke hinzugefügt werden. Diese ist – je nach bewilligtem Merkzeichen – kostenlos oder kostet 91 Euro.
Kostenloser Zugang zu barrierefreien sanitären Anlagen
Es gibt den sog. „Euroschlüssel“. Das ist ein eeuropaweit gültiges Schließsystem, das körperlich beeinträchtigten Menschen mit bestimmten Beeinträchtigungen oder Merkzeichen im Ausweis Zugang zu barrierefreien sanitären Anlagen verschafft – kostenfrei. Es ist ein Einheitsschlüssel öffnet Autobahn- und Bahnhofstoiletten und für öffentliche WCs in Fußgängerzonen, Museen oder staatlichen Stellen. Für eine einmalige Gebühr von knapp 30 Euro kann er beim Club Behinderter und ihrer Freunde in Darmstadt angefordert werden.
Europäischer Behindertenausweis
Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, einen Europäischen Behindertenausweis und Europäischen Parkausweis einzuführen, der in allen Ländern der Europäischen Union (EU) anerkannt wird. Das würde ca. 87 Millionen Menschen betreffen. Der Aufenthalt in einem Nachbarland würde für behinderte Menschen stark vereinfacht werden. Die Umsetzung dürfte jedoch nicht vor 2027 abgeschlossen sein.
Gegenwärtig gilt der deutsche Schwerbehindertenausweis nicht im Ausland nicht. Auch ausländische Schwerbehindertenausweise werden nicht in Deutschland anerkannt. Einzige Ausnahme: der blaue EU-Parkausweis.
Wie beantrage ich den Schwerbehindertenausweis?
Beratung
Sozialverbände, Reha-Kliniken, Ärzte oder die Schwerbehinderten-Behörde beraten. Hier kann man erfahren, was für die Antragstellung wichtig ist.
Zuständigkeit
Zunächst muss man klären, welche Behörde für die Bewilligung des Schwerbehindertenausweises zuständig ist, wo also der Antrag zu stellen ist.
Dies kann man auf der Seite des Bundesministerium für Arbeit und Soziales ,„Einfach-teilhaben.de“ unter „Schwerbehinderung“ erfahren. Dort ist aufgelistet, wo man die Formulare herunterladen kann, für jedes Bundesland separat. Man kann den Antrag auch online ausfüllen. Ist man zum ersten Mal mit dem Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis befasst, muss man das Formular „Erstantrag“ wählen. Hat sich die Behinderung verschlimmert, wählt man den „Neufeststellungsantrag“. So erreicht man einen höheren GdB oder bestimmte Merkzeichen im Ausweis.
Antrag ausfüllen
Im Antrag sollte man sämtliche Krankheiten, Behinderungen und Symptome benennen, die vorhanden sind und eine Einschränkung im täglichen Leben bzw. tätlichen Berufsleben bedeuten. Je detaillierter der Antrag, desto besser kann das Amt das Vorliegen der Behinderung nachvollziehen Möchte man ein Merkzeichen, etwa „G“ für gehbehindert im Ausweis haben, muss dies im Antragsformular separat beantragt werden. Der Antrag muss unterschrieben werden. Auch ein Passfoto ist beizufügen, andernfalls kann kein Ausweis ausgestellt werden, wenn der Grad der Behinderung mehr als 50 beträgt.
Entbindung von der Schweigepflicht
Im Antrag muss man seine Ärzte benennen und von der Schweigepflicht entbinden. Nur so dürfen sie dem Schwerbehinderten-Amt Auskunft über den Gesundheitszustand erteilen.
Medizinische Unterlagen beifügen
Hat man selbst medizinische Unterlagen, etwa, Befundberichte, Röntgenbilder, Anerkennungsbescheide einer Berufskrankheit oder eines Arbeitsunfalls, ein Betreuungsgutachten, fügt man diese ebenfalls dem Antrag bei.
Man sollte allerdings keine Originale einsenden, sondern immer nur Kopien.
Bearbeitungsdauer
Die Bearbeitungsdauer eines Antrags auf Anerkennung einer Schwerbehinderung bzw. auf Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises ist lang und kann bis zu einem Jahr dauern.
Widerspruch gegen Ablehnungsbescheid
Ist man mit dem Bescheid des Amts für Schwerbehinderung nicht einverstanden, muss man innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen.
Arbeitgeber informieren
Ist man Arbeitnehmer, sollte man nach erhalt des Schwerbehindertenausweise seinen Arbeitgeber darüber informieren, damit die Schutzrechte im Arbeitsverhältnis umgesetzt werden können.
Schwerbehindertenausweis – die Zusammenfassung
Das Wichtigste zum Schwerbehindertenausweis, seinen Vorteilen und wie man ihn bekommt noch einmal zusammengefasst:
Aussehen: Der Schwerbehindertenausweis ist eine plastikkarte im Scheckkartenformat. Die Vorderseite zeigt das Wappen der Bundesrepublik Deutschland, die Bezeichnung “Schwerbehindertenausweis”, die persönliche Nummer des Ausweisinhabers und seinen Namen. Auf der Rückseite sind weitere Informationen wie der Grad der Behinderung, die Gültigkeitsdauer des Ausweises und etwaige Merkzeichen aufgeführt.
Funktion: Der Schwerbehindertenausweis dient als Nachweis der Behinderung und berechtigt zu verschiedenen Vergünstigungen und Nachteilsausgleichen, z. B. Ermäßigungen im öffentlichen Nahverkehr, Steuerfreibeträgen oder Parkausweisen.
Beantragung: Den Schwerbehindertenausweis können Sie bei Ihrem zuständigen Versorgungsamt bzw. Amt für Schwerbehinderung beantragen. Sie benötigen dazu einen ärztlichen Nachweis Ihrer Behinderung.
Sabine Martholt hat Recht und Journalismus studiert und fundierte Kenntnisse im Bereich des Sozialrechts und des Rentenrechts. Beide Rechtsgebiete sind gleichzeitig ihr Hobby, wie sie gern verrät. Bereits vor ihrem ersten Volontariat bei einer Zeitung hat sie sich dem Schreiben gewidmet. Die Entwicklung des Sozialrechts in Deutschland hat sie mit großer Aufmerksamkeit, manchmal aber auch mit Kopfschütteln verfolgt – wie sie selbst sagt. Sie schreibt seit vielen Jahren für unser Online-Magazin. Gute Recherche und die eigene Meinung – beides ist ihr wichtig.