Das Wichtigste vorab zum Personalmangel im Niedriglohnbereich
In vielen Niedriglohnbereichen wie dem Bäcker-, Reinigungs- und Gastgewerbe herrscht ein akuter Personalmangel. Doch woran liegt es, dass gerade diese Branchen so stark betroffen sind? Aktuelle Entwicklungen, insbesondere die Einführung des Bürgergeldes, scheinen eine Schlüsselrolle zu spielen.
Beunruhigende Tendenz
Analysiert man die Situation näher, entdeckt man eine beunruhigende Tendenz: Die geringe Differenz zwischen dem Bürgergeld und den Verdienstmöglichkeiten in diesen Branchen führt dazu, dass reguläre Arbeit zunehmend an Attraktivität verliert. Dies hat zur Folge, dass Unternehmen es schwerer haben, motivierte Arbeitnehmer zu finden; stattdessen häufen sich Bewerbungen von Schwarzarbeitern, die sich durch diese Art der Beschäftigung ein höheres Einkommen versprechen.
Viele Kleinbetriebe erleben eine Existenzbedrohung
Die Auswirkungen auf die betroffenen Unternehmen sind gravierend. Viele Kleinbetriebe erleben eine Existenzbedrohung, da sie ohne ausreichendes Personal nicht wirtschaftlich arbeiten können. Aber nicht nur kleinere Betriebe sind betroffen – auch größere Unternehmen spüren den Druck.
Besonders alarmierend ist, dass die bevorstehende Erhöhung des Bürgergelds im Januar die Situation vermutlich noch verschärfen wird. Viele Arbeitnehmer, insbesondere Familien mit Kindern, sehen sich mit einem finanziell kaum lohnenswerten Arbeitsanreiz konfrontiert. Der geringe Lohnabstand zum Bürgergeld wirft kritische Fragen auf: Warum sollte man arbeiten gehen, wenn der finanzielle Unterschied kaum spürbar ist?
Höhere Löhne und verkürzte Arbeitszeiten werden gefordert
In der Gastronomie beispielsweise ist der Aufschrei groß. Hier werden vermehrt höhere Löhne und verkürzte Arbeitszeiten gefordert, um den Arbeitsanreiz wiederherzustellen. Tatsächlich sind einige Unternehmer bereit, über Tarif zu bezahlen, stehen jedoch angesichts steigender Betriebskosten vor finanziellen Hürden.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) setzt sich nachdrücklich für höhere Löhne und flächendeckende Tarifverträge ein, um die Attraktivität der Arbeit in diesen Branchen zu erhöhen.
Positiven Effekte durch solidarisches Handeln
Trotz aller Schwierigkeiten zeigt sich aber auch, welche positiven Effekte solidarisches Handeln in der Gesellschaft haben kann. Eine Inhaberin einer Vinothek hat beispielsweise dank einer öffentlichen Suche auf Facebook Teilzeitkräfte gefunden, die einen Teil des Personalmangels abdecken konnten. Trotzdem ist es nötig, die Öffnungszeiten anzupassen, um den Betrieb aufrechterhalten zu können.
Was bedeutet dieser Zustand für unsere Wirtschaft und Gesellschaft? Es ist offensichtlich, dass Lösungen her müssen, die sowohl den Unternehmen helfen, Fachkräfte zu gewinnen, als auch den Arbeitnehmern angemessene Anreize bieten, einer regulären Beschäftigung nachzugehen. Es gilt, ein Gleichgewicht zu finden, das sowohl die Bedeutung von Solidarität als auch die Notwendigkeit der Teilhabe am Arbeitsmarkt anerkennt und fördert.
Alle Beteiligten müssen umdenken
Es ist eine Herausforderung, die nur gemeinsam bewältigt werden kann – durch ein Umdenken aller Beteiligten, von den Arbeitgebern über die Politik bis hin zu den Arbeitnehmern selbst.
Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.