Es ist weitverbreitet, dass Jobcenter beim ersten gemeinsamen Umzug von zwei Partnern in eine Wohnung davon ausgehen, dass sie eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Diese Annahme führt dazu, dass jeder Partner nur noch 90 Prozent der Regelleistung erhält und auch Einkommen sowie Vermögen gegenseitig angerechnet werden.
Probezeit von einem Jahr
In den meisten Situationen ist es unzulässig, auf diese Weise vorzugehen. Das Gesetz erlaubt es den Partnern, quasi eine Probezeit von einem Jahr zu haben, um herauszufinden, ob sie wirklich bereit sind, finanzielle Verantwortung für den anderen Partner zu übernehmen. Es ist wichtig, dass man sich Zeit nimmt und sich bewusst wird, welche Verpflichtungen man eingehen möchte, bevor man sich finanziell verbindet.
Nach 12 Monaten müssen Nachweise erbracht werden
Erst nach Ablauf von zwölf Monaten des Zusammenlebens sind die Partner dazu verpflichtet, den Nachweis zu erbringen, dass sich keinerlei Verantwortungsbereiche entwickelt haben. Dies kann unter anderem der Fall sein, wenn die Wohnung zwar gemeinsam genutzt wird, jedoch jeder für sich alleine wirtschaftet und wohnt.
Kein Automatismus – Überprüfung der Situation
Während des ersten Jahres des Zusammenlebens kann das Jobcenter nicht automatisch davon ausgehen, dass eine Partnerschaft besteht, die zu einer Bedarfsgemeinschaft führt. Eine solche Annahme kann nur in speziellen Situationen getroffen werden, zum Beispiel wenn ein gemeinsames Kind vorhanden ist. Es ist auch nicht ausreichend, die Vermutung einer Bedarfsgemeinschaft nur aufgrund von fehlinterpretierten Angaben in den Antragsformularen zu begründen. Es bedarf daher einer genaueren Überprüfung der Umstände, um sicherzustellen, dass die Bedürftigkeit der Antragsteller angemessen bewertet wird.
Widerspruch einlegen
Es gibt durchaus Erfolg versprechende Möglichkeiten, gegen einen Bescheid vorzugehen, der unmittelbar nach dem gemeinsamen Bezug einer Wohnung erlassen wird und die andere Person in die Bedarfsgemeinschaft einbezieht, was wiederum zu einer Minderung der Leistungen führt.
Wie wird eine Bedarfsgemeinschaft definiert?
Im Sinne des Bürgergeldes bezieht sich der Begriff “Bedarfsgemeinschaft” auf eine Gruppe von Personen, die gemeinsam in einem Haushalt leben und finanziell voneinander abhängig sind. Eine Bedarfsgemeinschaft umfasst in der Regel den Bürgergeld-Empfänger selbst sowie seine Partnerin oder seinen Partner und die minderjährigen Kinder.
Die Bildung einer Bedarfsgemeinschaft hat Auswirkungen auf die Berechnung der Bürgergeld-Leistungen. Das Gesamteinkommen und Vermögen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft werden zusammengerechnet und auf den Bedarf des Bürgergeld-Empfängers angerechnet. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft füreinander finanziell einstehen können.
Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen Personen trotz des Zusammenlebens keine Bedarfsgemeinschaft bilden. Zum Beispiel können volljährige Kinder, die ein eigenes Einkommen erzielen, als sogenannte “nicht privilegierte Personen” behandelt werden und eine eigene Bedarfsgemeinschaft bilden.
Die Definition und Verwaltung von Bedarfsgemeinschaften ist sehr komplex und kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Es ist daher ratsam, sich bei Fragen und Zweifeln an die zuständige Behörde zu wenden.
Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.