Die Diskussion um die Einführung einer Mindestrente in Deutschland hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Trotz der Einführung der Grundrente im Jahr 2021, die als Rentenzuschlag für Geringverdienende mit langen Versicherungszeiten dient, gibt es immer noch keine echte Mindestrente im deutschen Rentensystem. Die Grundrente soll Menschen unterstützen, die trotz jahrzehntelanger Arbeit, Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen nur eine geringe Rente erhalten. Sie ist jedoch keine Mindestrente im klassischen Sinne, da sie an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist und nicht für alle Rentner gilt.
Was ist die Grundrente?
Die Grundrente ist ein Zuschlag zur gesetzlichen Rente, der automatisch von der Rentenversicherung berechnet und ausgezahlt wird. Anspruch auf die Grundrente haben Personen, die mindestens 33 Jahre sogenannte Grundrentenzeiten vorweisen können. Dazu zählen Zeiten der Beitragszahlung, Kindererziehungszeiten und Pflegezeiten. Der volle Zuschlag wird ab 35 Jahren Grundrentenzeiten gewährt. Die Höhe des Zuschlags variiert und beträgt im Durchschnitt etwa 86 Euro pro Monat.
Unterschied zwischen Grundrente und Mindestrente
Es ist wichtig zu betonen, dass die Grundrente keine Mindestrente ist. Eine Mindestrente würde bedeuten, dass jeder Rentner unabhängig von seinen Beitragszeiten und -höhen eine bestimmte Mindesthöhe an Rente erhalten würde. Dies ist im deutschen Rentensystem nicht der Fall. Die Höhe der gesetzlichen Rente hängt von den erworbenen Rentenpunkten ab, die durch das Einkommen und die Dauer der Erwerbstätigkeit bestimmt werden.
Argumente für die Einführung einer Mindestrente
- Bekämpfung der Altersarmut: Eine Mindestrente könnte effektiv dazu beitragen, Altersarmut zu bekämpfen. Viele Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, finden sich im Alter mit einer Rente wieder, die nicht ausreicht, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Eine Mindestrente würde sicherstellen, dass niemand im Alter unter das Existenzminimum fällt.
- Soziale Gerechtigkeit: Die Einführung einer Mindestrente würde die Lebensleistung vieler Menschen anerkennen, die in schlecht bezahlten Berufen gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben. Diese Tätigkeiten sind gesellschaftlich wertvoll, werden aber oft nicht angemessen entlohnt.
- Entlastung der Sozialhilfe: Eine Mindestrente würde die Notwendigkeit verringern, dass Rentner auf Sozialhilfe angewiesen sind. Dies würde nicht nur die Betroffenen entlasten, sondern auch die Sozialhilfesysteme.
Herausforderungen und Kritik
- Finanzierung: Eine der größten Herausforderungen bei der Einführung einer Mindestrente ist die Finanzierung. Die Rentenkassen sind bereits stark belastet, und eine Mindestrente würde zusätzliche Mittel erfordern. Dies könnte entweder durch höhere Beiträge, Steuern oder eine Umverteilung innerhalb des Rentensystems finanziert werden.
- Gerechtigkeit: Ein weiteres Argument gegen die Mindestrente ist die Frage der Gerechtigkeit. Kritiker argumentieren, dass eine Mindestrente Personen bevorzugen könnte, die weniger in das Rentensystem eingezahlt haben, gegenüber denen, die hohe Beiträge geleistet haben. Dies könnte als ungerecht empfunden werden.
- Bürokratischer Aufwand: Die Einführung einer Mindestrente würde einen erheblichen bürokratischen Aufwand erfordern. Es müssten neue Regelungen und Verfahren entwickelt werden, um sicherzustellen, dass die Mindestrente gerecht und effizient verteilt wird.
Petition der Linken zur Einführung einer Mindestrente von 1250 Euro
Die Partei Die Linke aus Thüringen hat eine Petition gestartet, die eine gesetzliche Mindestrente von 1.250 Euro fordert. Diese Petition zielt darauf ab, die Altersarmut zu bekämpfen und ein würdevolles Leben im Alter zu gewährleisten. Die Linke argumentiert, dass Menschen, die ihr Leben lang zu niedrigen Löhnen gearbeitet, Zeiten der Erwerbslosigkeit oder Krankheit durchlebt haben, dennoch Anspruch auf eine angemessene Rente haben sollten.
Ziele der Petition
- Mindestrente von 1.250 Euro: Die Petition fordert, dass die Altersbezüge von Rentnern nicht unter 1.250 Euro im Monat liegen dürfen. Dies soll sicherstellen, dass niemand im Alter in Armut leben muss.
- Einbeziehung aller Erwerbstätigen: Ein weiterer wichtiger Punkt der Petition ist die Forderung, dass alle Erwerbstätigen, einschließlich Selbstständiger, Beamter und Politiker, in die Rentenversicherung einzahlen sollen. Dies würde das Rentensystem breiter aufstellen und stabilisieren.
- Berücksichtigung von Kapitalerträgen: Die Petition schlägt vor, dass auch Zinsen und Kapitalerträge in die Rentenkasse fließen sollen, um die finanzielle Basis des Rentensystems zu stärken.
Unterstützung und Umsetzung
Die Linke Thüringen hat das Ziel, 30.000 Unterschriften zu sammeln, um die Petition im Bundestag zur Diskussion zu bringen. Bereits prominente Unterstützer wie der Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow, haben ihre Unterschrift unter die Petition gesetzt. Wenn die erforderliche Anzahl an Unterschriften erreicht wird, muss sich der Petitionsausschuss des Bundestages in einer öffentlichen Sitzung mit den Forderungen auseinandersetzen.
Internationale Beispiele
Ein Blick auf internationale Beispiele zeigt, dass eine Mindestrente durchaus machbar ist. In Ländern wie den Niederlanden und Österreich gibt es bereits Modelle, die eine Mindestrente garantieren. Diese Systeme könnten als Vorbild für eine mögliche Einführung in Deutschland dienen.
Schlussfolgerung
Die Einführung einer Mindestrente in Deutschland ist ein komplexes und vielschichtiges Thema. Während die Grundrente bereits einen Schritt in die richtige Richtung darstellt, ist sie keine vollständige Lösung für das Problem der Altersarmut. Eine echte Mindestrente könnte die finanzielle Absicherung im Alter verbessern und soziale Gerechtigkeit fördern. Allerdings müssen die Herausforderungen, insbesondere die Finanzierung und die Umsetzung, sorgfältig bedacht werden. Eine breite gesellschaftliche und politische Debatte ist notwendig, um eine tragfähige Lösung zu finden, die den Bedürfnissen der Rentner gerecht wird und gleichzeitig die finanzielle Nachhaltigkeit des Rentensystems gewährleistet. Die Petition der Linken zur Einführung einer Mindestrente von 1.250 Euro könnte ein wichtiger Schritt in diese Richtung sein.
Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.